Dasein.
Chr. Wolff übersetzt ‹existentia› mit ‹D.›. Doch meist verwendet er die Ausdrücke ‹Existenz› oder ‹Wirklichkeit›. Er versteht unter existentia, die er auch im Sinne der Wechselbeziehung von Potenz und Akt als ‹actualitas› bezeichnet, die «Ergänzung der Möglichkeit» («complementum possibilitatis»)
[1]. Möglich ist das widerspruchsfrei Denkbare; wirklich das, was sowohl in der ununterbrochenen Reihe der aufeinanderfolgenden Dinge seinen zureichenden Grund hat als auch vollständig bestimmt ist
[2]. Die Identität der Begriffe ‹ens› und ‹possibile› läßt hinsichtlich des D. nur den Unterschied zwischen notwendig und zufällig Seiendem zu.
A. G. Baumgarten schließt sich diesen Definitionen an und umgrenzt existentia zusammenfassend als das Insgesamt der durchgängigen Bestimmungen eines Etwas, die sich aus seiner inneren Möglichkeit ergeben und miteinander verträglich sind, insofern sie jetzt dasind
[3]. Im Rahmen dieser Lehre folgert nun
J. H. Lambert aus dem Bewußtsein eines denkenden Wesens, daß es ist, unmittelbar den einfachen und klaren Begriff der Existenz, der zugleich den Begriff und Maßstab der Gewißheit gibt
[4]. Was außer der bloßen Möglichkeit zum Existieren erfordert wird, ist das Einfache dieses Begriffes, «welches wir allerdings klar empfinden, aber nicht anders als durch solche Worte anzeigen können, die weiter nichts als Synonyma von dem Wort Existenz sind, oder diesen Begriff schon voraus setzen». Infolgedessen sind bei einem solchen Begriff «die Zirkel im Definieren nicht wohl zu vermeiden»
[5].
Demgegenüber unterscheidet
C. A. Crusius «das wirkliche D. eines Dinges» von seiner Möglichkeit als «dem bloßen Sein in den Gedanken». Denn «das Wesen unseres Verstandes» nötigt uns, «wenn wir uns etwas als existierend vorstellen», «außer dem metaphysischen Wesen des Dinges auch noch ein ihm zukommendes ubi und quando hinzu zu denken» und es so als wirklich zu setzen. «Daher ist die Existenz dasjenige Prädikat eines Dinges, vermöge dessen es auch außerhalb der Gedanke[n] irgendwo und zu irgend einer Zeit anzutreffen ist»
[6]. Demnach ist «das Kennzeichen der Wirklichkeit zuletzt allemal in unserm Verstände die Empfindung»
[7], und zwar so, daß alles, was D. hat, nur gemäß dem synthetischen Kriterium des Nichtzutrennenden nach den universal geltenden Begriffen von Raum und Zeit als zum Verstand wesentlich gehörenden «abstracta der Existenz»
[8] gedacht werden kann. Ebenso besteht nach
M. Mendelssohn in unserem Verstände «zwischen Möglichkeit und Würklichkeit allezeit eine entsetzliche Kluft, indem wir niemals alle mögliche Bestimmungen eines Dinges verständlich erklären können, und daher das D. zufälliger Dinge nicht anders als aus der Erfahrung haben können»
[9]. Doch was das Ich selbst angeht, so sind seine Empfindungen und Begriffe von unmittelbarer Evidenz für sein weiter nicht erklärbares D., das so «bloß ein gemeinschaftliches Wort für Wirken und Leiden» ist
[10].
I. Kant nimmt den logischen Einwand gegen die Verwechslung von Begriff und Sache so auf, daß er die Ausnahmslosigkeit
der Differenz von Begriff und D. eines Gegenstandes aufweist. Er hält zwar ebenfalls die durchgängige Bestimmung für ein Kriterium der Existenz, folgert jedoch aus der Allgemeinheit des Begriffes seine Irrealität. Alles, was existiert, hat eine besondere Beschaffenheit, aber aus dem bloßen Begriff eines Etwas im Sinne einer derartigen Sachbestimmtheit (Realität) kann das D. nicht erschlossen werden, weil das wirkliche Ding kein Prädikat mehr enthält als das mögliche
[11]. Demnach vermehrt die Bestimmung des Begriffs das Objekt nicht, sondern drückt nur sein Verhältnis zum endlichen Erkenntnisvermögen aus
[12], so daß die Modalitätskategorie D. nicht als complementum der Möglichkeit im Sinne eines Prädikats des Dinges zu erklären ist, sondern als «die Setzung des Dinges mit allen Prädikaten»
[13]. Diese Setzung des Existentialurteils ist auf Wahrnehmungsgegebenheiten im Zusammenhange der Erfahrung restringiert und insofern subjektiv-synthetisch
[14], weil «die Wahrnehmung ... der einzige Charakter der Wirklichkeit» ist und «unsere Erkenntnis vom D. der Dinge» nur soweit reicht wie sie
[15]. Daher bezeichnet ‹D.› nicht das Denken der Merkmale eines Dinges im Verhältnis zu seinem Begriff, sondern die «absolute Position der Sache selbst»
[16] mit ihren Bestimmungen nach Gesetzen des empirischen Zusammenhanges der Erscheinungen. Was das setzende Bewußtsein selbst betrifft, so schließt die «bloß intellektuelle Vorstellung der Selbsttätigkeit eines denkenden Subjekts» zwar unmittelbar seine Existenz in sich, aber «noch keine Erkenntnis desselben»
[17] als Bestimmung seines D. in der Zeit. Doch weil mit dem Bewußtsein unserer Existenz unmittelbar das Sittengesetz als Faktum der reinen Vernunft verknüpft ist, haben wir «Veranlassung, uns völlig a priori in Ansehung unseres eigenen D. als gesetzgebend und diese Existenz auch selbst bestimmend vorauszusetzen»
[18].
Gegen Kants Trennung der Bewußtseinsvermögen wendet sich
F. H. Jacobi. Er will den Zwiespalt zwischen Denken und Leben überbrücken. Daher sucht er die Einseitigkeit eines bloßen Erklärens der Dinge zu vermeiden und «Menschheit wie sie ist, begreiflich oder unbegreiflich, auf das gewissenhafteste vor Augen zu legen»
[19], so daß er «das größeste Verdienst des Forschers» darin sieht, «D. zu enthüllen, und zu offenbaren»
[20], d.h. sein ihm innewohnendes Lebensverständnis auszulegen. Auch Herder und Hamann lehnen die logischen Trennungen der Vernunftkritik ab.
J. G. Herder hält es für falsch, die Einwirkung von etwas auf jemanden und d.h. «die sinnlichste Empfindung unsres D. auf eine Verstandeshandlung»
[21] zu bauen. Vielmehr gilt es, auf das lebendige «D. in und mit der Erfahrung»
[22] zurückzugreifen. Denn in ihr offenbart das Sein sich selbst als «kräftiges D. zur Fortdauer»
[23]. Als «das einzig-denkbare energische a priori» konstituiert es «durch sich Raum und Zeit», die «von außen seine Gestalt und Dauer messen und ordnen». Betrachtet man Raum und Zeit dagegen «als durch sich selbst gegebne Anschauungen», so heben sie «das wahre Prius des D. daurender energischer Kraft auf». Doch diese Kraft ist das «Maß der Realität eines D. von innen». Daher erfordert ihr «reeller» Begriff die Ersetzung der transzendentalen Ästhetik durch eine «Organik», die den Begriff des Raumes auf den des Ortes und diesen wiederum auf den des D. zurückführt
[24]. Denn «D. (Da sein) heißt an einem Orte sein, ihn behaupten»
[25]. Aus diesem Verständnis ergibt sich der «praktische Grundsatz»: «D. erkenne an, das sich, kraft seiner und deiner, organisch
dir darstellt»
[26], was zugleich besagt, daß die Existenz des Menschen «Werden» ist
[27]. –
J. G. Hamann bezeichnet das Denken als den «zufälligsten und abstraktesten modum unserer Existenz»
[28] und stellt dem verstandesmäßigen Erfassen der Wirklichkeit das den ganzen Menschen unausweichlich verpflichtende «Glauben» oder «Empfinden» gegenüber, in dessen Bereich gilt: «unser eigen D. und die Existenz aller Dinge außer uns muß geglaubt und kann auf keine andere Art ausgemacht werden»
[29].
Zum Idealismus überleitend, verbindet
S. Maimon den Kritizismus Kants mit vorkritischen Gedanken zwecks eines ‹Koalitionssystems›, das die identische Wurzel von Anschauung und Verstand sucht. In dieser Absicht einer Überwindung der Subsumtionstheorie setzt er den Ursprung der Sinnlichkeitsformen in den Reflexionsbegriffen der Einerleiheit und Verschiedenheit an, durch deren Schematisierung die Anschauungen von Raum und Zeit entstehen. Infolgedessen bezieht er die drei unterscheidbaren D.-Arten: sinnliches D. außer bzw. in uns und intellektuales D. auf die drei Bestimmungen der Zeit: Zeitpunkt, Zeitfolge und Zeitdauer, von denen der bestimmte Zeitpunkt die Individualität alles D., die Zeitfolge seine mögliche Verschiedenheit und die Zeitdauer die Identität des Subjekts bedingt. Demnach ist die Zeit die Bedingung des D., wie umgekehrt das D. eines Gegebenen die Bedingung der empirischen Bestimmtheit der Zeit ist
[30].
G. F. W. Hegel wendet sich gegen Kants Theorie der Modalkategorien als Bestimmungen des Verhältnisses des Gedankens zum Gegenstand. Er wirft ihr vor, einerseits das D. aus dem Zusammenhang mit dem Begriff herauszunehmen, ohne es andrerseits als Prinzip verständlich machen zu können: «gerade jene Synthese des Begriffs und des Seins, oder die Existenz zu begreifen, d.h. sie als Begriff zu setzen, dazu kommt
Kant nicht. Existenz bleibt ihm ein schlechthin Anderes, als ein Begriff»
[31]. Um diesem Fehler zu entgehen, versteht Hegel das D. als «das einfache Einssein des Seins und Nichts»
[32]. Als Resultat ihres aufgehobenen Widerspruchs ist es «Sein mit einer Bestimmtheit»
[33] oder Qualität, die sich in Realität und Negation auseinanderlegt. In sich reflektiert in ein durch das Aufheben dieses Widerspruchs Vermitteltes ist es Daseiendes oder Etwas, das sowohl die Identität seiner mit sich selbst als auch die Beziehung auf sein Anderssein ist. Doch ist der Bezug als Vermittlung des Andersseins die Aufhebung desselben, insofern das äußerlich Andere so zur Bestimmtheit des Etwas wird, daß sich dieses gerade im Weghalten des Anderen erhält und durch Abgrenzung von ihm umgrenzt. Daher hat das Etwas sein Sein in der Grenze, die sein Sein nicht ist, und ist so endlich und vergänglich. Indem es aber vergeht, erfüllt es seine Bestimmung, in ein anderes Endliches überzugehen, wodurch es bei sich selbst ankommt. In diesem fortgesetzten Übergang erweist sich das Endliche als Progreß ins Unendliche, in dem das Endliche und das Unendliche sich gegenseitig verneinen und so ein jedes die Einheit seiner und des anderen erweist. In ihrer Einheit begreift das Unendliche sowohl sich selbst als auch das Endliche als aufgehobene Momente in sich. In ihm ist ausgeglichen, was im D. als der «Sphäre der Differenz»
[34] noch ungleich ist. Im weiteren Verlauf der Explikation der Bewegtheit des Seins als Wesen unterscheidet Hegel von D. die Existenz. Als das Sein der seienden Dinge bestimmt sie sich als ungetrennte Einheit der unmittelbaren Beziehung des Einzelnen auf sich und anderes
[35].
F. W. J. Schelling sucht die Transzendenz der Einheit des Ganzen alles Seienden nicht in die Immanenz einer in sich vollendeten Bewegung des begreifenden Denkens aufzuheben. Dieses Streben zur Bewahrung der reinen Unbedingtheit des Seins läßt ihn folgende Unterscheidungen machen: «Fast alle gebrauchen die Worte: Sein, D., Existenz, Wirklichkeit, beinahe ganz gleichbedeutend. Offenbar aber drückt das Wort Sein das reine, absolute Gesetztsein aus, dagegen D. schon etymologisch ein bedingtes, eingeschränktes Gesetztsein bezeichnet. ... Sein drückt das absolute, D. aber überhaupt ein bedingtes, Wirklichkeit ein auf bestimmte Art, durch eine bestimmte Bedingung, bedingtes Gesetztsein aus. Die einzelne Erscheinung im ganzen Zusammenhang der Welt hat Wirklichkeit, die Welt der Erscheinungen überhaupt D., das Absolutgesetzte aber, das Ich, ist»
[36]. Der letzte Grund einer solchen Trennung wird zunächst in der gegensatzlosen Einheit von Sein und Erkennen als unfaßbarer Indifferenz des absoluten Wissens gesehen. Doch die spätere Untersuchung der Möglichkeit dieses Wissens fragt auch nach der identischen Hinsicht des Unterschiedes von Absolutem und Endlichem, veranlaßt die ekstatische Selbstnegation der Vernunft und führt damit zum reinen Daß als dem «bloß Existierenden» im Sinne des «noch begriffslosen Prius»
[37].
J. G. Fichte durchdenkt die Beziehung des Ich zum absoluten Sein neu. Um das D. erklären zu können, faßt er es als das Wirklichsein des Ich, insofern seine Reflexion auf ein ihm entgegengesetztes Prinzip geht
[38]. Demnach ist es im Wissen begründet, dem «das (bestimmende) ewige Eine – jenseits alles Wissens ... – zugrunde liegt»
[39]. Doch diese absolut faktische Evidenz genügt nicht, weil sie sich mit dem genetisch Unerforschten als Unerforschlichem begnügt. Daher gilt es, über das ursprünglich-synthetische Selbstbewußtsein als Prinzip von Wissen und Sein hinauszufragen. Aber indem nun die formale Reflexion in der Zweiheit von Subjekt und Objekt sich vernichtet, leuchtet das Absolute notwendig in der Form einer sich verstehenden Vergegenständlichung ein. So ist «das D. – des Seins – notwendig ein – Selbstbewußtsein seiner ... selbst, als bloßen Bildes, von dem absolut in sich selber seienden Sein»
[40]. Es ist die Erscheinung des Seins im Sinne seiner Offenbarkeit in der einzig möglichen Weise eines sich verstehenden Wissens: «D. heißt eben nur Sein im Verstände, beides ist durchaus identisch»
[41]. Aber nur indem das sich faktisch vorfindende Wissen sich handelnd reflektiert im Unterscheiden vom Sein, sieht es seinen Unterschied von schlechthinnigem Sein, ohne jedoch eine Einsicht in den genetischen Zusammenhang von Sein und Erscheinung zu gewinnen. Daraus ergibt sich als die Aufgabe der Wissenschaftslehre: «das D. werden zu sehen»
[42]. Sie ist «Wissenschaft des D.»
[43].
Das weitere Verständnis von D. ist gekennzeichnet durch Fichtes Trennung von endlichem D. und unbedingtem Sein, deren Übernahme in Anlehnung an Schelling und Auseinandersetzung mit Hegel zu verschiedenen Ergebnissen führt.
L. Feuerbach betont das Mißverhältnis der Logik Hegels zur sinnlichen Existenz und ersetzt die Nichtigkeit der Abstraktion, die bei dem Begriff des Seins an ihre Grenze stößt, durch «wirkliches Denken»
[44], das «unter Sein ... sach- und vernunftgemäß D., ... Existenz» im Sinne des unmittelbaren Hierseins versteht
[45]. Solches D. ist allein in der Empfindung zugänglich, die die «metaphysische Bedeutung» hat, «der wahre ontologische Beweis vom D. eines Gegenstands außer unserm Kopfe» zu sein
[46]. –
S. Kierkegaard
bestreitet überhaupt die Möglichkeit einer systematischen Erklärung des D., um die Negativität des Unendlichen im D. offenzuhalten
[47]. Denn aus Ewigem und Zeitlichem zusammengesetzt, ist das D. zugleich «das Spatiierende, das auseinanderhält»
[48], und so ein beständiges Werden. Das Bewußtsein des Hineingestelltseins in diese Existenz drückt sich aus im leidenschaftlichen Streben des Einzelnen unter ethischer Verantwortung und aus paradoxem Glauben. – Auch für
A. Schopenhauer ist «das Problem des D. ... so groß ..., daß ... es alle andern Probleme und Zwecke überschattet»
[49]. Denn die Vergänglichkeit alles Seienden in und mittels der Zeit verdeutlicht dem Menschen ebenso die Nichtigkeit alles D. wie die Vergeblichkeit allen Strebens: «Unser D. hat keinen Grund und Boden, darauf es fußte, als die dahinschwindende Gegenwart»
[50]. Daher ist «als Zweck unsers D. in der Tat nichts Anderes anzugeben, als die Erkenntnis, daß wir besser nicht dawären»
[51]. Allerdings ist die «existentia fluxa»
[52] nie ganz der Erkenntnis zugänglich, weil sie nur die Erscheinung der Selbstbejahung des blinden Willens zum Leben ist, von dem nur das reine Subjekt des interesselosen Betrachtens und Denkens sich erlösen kann. Dagegen will
Fr. Nietzsche sich «mit unbewegtem Blicke ... dem furchtbaren Eisstrome des D.» anvertrauen
[53]. Gegenüber jeder Lehre von einem vorgegebenen Zweck des D. rechtfertigt er es zunächst «nur als ästhetisches
Phänomen»
[54], weil allein der Künstler im Akt des Schaffens des schönen Scheins «das D. überhaupt lebenswert» macht
[55]. Später führt die Besinnung auf die Möglichkeit der Ausbildung dieses Verhüllungsscheines zur Erkenntnis des im Wesen des selbstbezüglichen Lebens angelegten «perspektivischen Charakters des D.»
[56] als «Willen zur Macht». Indem dieser Wille alles Seiende zwecks Lebenssteigerung auf die für ihn jeweilig maßgebliche Perspektive festlegt und sich in solch unaufhörlicher Bewegung begreifend bejaht und somit zum «Übermenschen» steigert, offenbart er sich als die «ewige Wiederkunft des Gleichen». So bringt Nietzsche «die beiden größten ... philosophischen Gesichtspunkte», den «des Werdens» und den «nach dem Werte des D. ... in entscheidender Weise zusammen»
[57].
Die Ausrichtung der Philosophie an den Einzelwissenschaften führt im Durchgang durch bewußtseinstheoretische Fragen zu einer Verbindung deskriptiv-analytischer Beschreibung des Seienden mit einer Metaphysik der Erfahrungswelt, die den Begriff des D. wieder auf alles Seiende ausdehnt. Schon
E. v.
Hartmann spricht von «D. und Bewußtsein» als Manifestationen der in Wechselbeziehung stehenden Attribute des Metalogischen, das des «labilen Gleichgewichts» des Spiels seiner Kräfte bedarf, «um ihnen als Seinsgrundzu subsistieren»
[58], –
H. Driesch dagegen schickt seiner «Wirklichkeitslehre» den gleichsam methodischen Solipsismus der «Ordnungslehre» voraus, die vom Ursachverhalt des erlebend denkenden Ichs ausgeht. Dieses Ich bestimmt mittels Setzung irgendein beliebig Erlebtes als «Diesessein oder D.», das notwendig Sosein hat, so daß zwischen beiden theoretisch eine «völlige Reziprozität» besteht
[59]. – Gegenüber diesem «Ordnungsmonismus» weist
M. Scheler sowohl auf die Vitalsphäre als auch das freie Personzentrum hin. Im Unterschied zu dem vom Geist des Menschen als der «Fähigkeit der Trennung von Wesen und D.»
[60] erfaßten Gegenstandsein als dem identischen «Soseinskorrelat aller intellektiven Akte»
[61] ist D. oder Realsein «Widerstandsein gegen die urquellende Spontaneität»
[62] vitaler Bewegungsakte.
Daher kann nur das Seiende als Gegenstand dem Bewußtsein relativ auf die erkennenden Akte und die Weltstellung seines Trägers immanent sein, während «das D. eines Dinges ... stets und notwendig jenseits des Wissens und Bewußtseins» bleibt und «als solches transintelligibel» ist
[63]. – Gegen eine solche Spaltung des Erkenntnisgegenstandes in D. und Sosein wendet sich
N. Hartmann. Nach ihm hat jedes Seiende notwendig die Momente des Soseins und D. an sich, die sowohl aufeinander bezogen als auch in gewisser Weise unabhängig voneinander sind. Unter dem Moment des D. ist «das nackte ‹daß überhaupt es ist› zu verstehen»
[64]. Allerdings gibt es in der Welt dieses allgemeine D. nur als abstrakten Grenzfall, so daß das D. nur gewichtig ist in der Realsphäre (= Existenz im engeren Sinn). Aber immer tritt das einzelne Seiende innerhalb jeder Seinssphäre in gewissen Beziehungen auf. Daher ist das D. unlösbar mit dem Sosein verknüpft, und es besteht zwischen ihnen ein kontinuierlicher Übergang. Im Ganzen des Seinszusammenhanges bilden sie eine synthetisch «fortlaufend verschobene Identität»
[65]. Aber weil die unumkehrbare Richtung dieser durchgehenden Identität am D. der Welt ihre Grenze findet, «bleibt ein Rest von Übergewicht auf der Seite des D.»
[66]. Vom D. hängt auch der Unterschied der idealen oder realen Seinssphäre ab, insofern das D. sich mit dem ontischen Grundmoment der Seinsweise differenziert. Deshalb fällt dem D. nach alles Seiende unter ein disjunktives Verhältnis.
K. Jaspers knüpft wieder am Verständnis des D. des Einzelnen an. Er «erhellt» D. als «das Umgreifende, als das ich lebendiges Wesen mit Anfang und Ende» und als solches «das ungeschlossene Ganze des je Gegenwärtigen» bin, «worin alles ist, was wirklich ist und das alles gegenständlich bestimmte D. als ein ihm vorkommendes in sich schließt»
[67]. Aus der Erkenntnis des objektiven D. auf ihren Ausgangspunkt und ihr Ziel in der Situation als der «Weise der Wirklichkeit des D.»
[68] zurückkommend, wird das «subjektive D.» sich bewußt, «das jeweilige D.-Ganze eines besonderen Lebens in seiner Welt»
[69], zugleich aber auch «die Gegenwärtigkeit eines umschließenden Ganzen aus seinem nie Gegenstand werdenden Grunde»
[70] zu sein. Daher ist das «Drängen in die Welt, als D.-Verwirklichung und als Weltorientierung, der einzige Ausdruck des Ergreifens meiner selbst und des Suchens der Transzendenz»
[71]. Denn «der Mensch ist als das D., in dem mögliche Existenz sich erscheint»
[72]. Damit ist die anthropologische Grundhaltung der Philosophie der Neuzeit ebenso fraglich geworden wie die auf ihrem Boden ausgebildete Metaphysik. Ihre Überwindung versucht
M. Heidegger durch die Frage nach dem Sinn von Sein. Um diese Frage auszuarbeiten und zureichend zu klären, muß die Untersuchung des Subjekts in seinem faktischen Selbstvollzug ersetzt werden durch die existenziale Analytik des D. als In-der-Welt-sein. Denn D. ist «dadurch ontisch ausgezeichnet, daß es diesem Seienden in seinem Sein
um dieses Sein selbst geht»
[73]. In seinem Wesen durch die jemeinige Existenz bestimmt, ist sein geworfener Entwurf «auf dem Grunde seiner Existenzbestimmtheit» Seinsverständnis
[74] im Horizont der Zeit, deren Explikation die Zeitlichkeit als das Grundgeschehen des ursprünglichen Ganzen des D. und «somit als Seinssinn der Sorge»
[75] enthüllt. In diesem endlichen Vollzug ist das D. «sichhineinhaltend in das Nichts ... je schon über das Seiende im Ganzen hinaus»
[76]. Diese Transzendenz in das Nichts wird zum «ekstatischen Innestehen
in der Wahrheit des Seins»
[77], sobald das Denken genötigt ist, auf sein Sichbehaupten in seiner Nichtigkeit und damit ein metaphysisches Begründenwollen zu verzichten
[78]. Denn dann wird es von der «Lichtung des Sichverbergens (Zeit)» so «in seinen Brauch» genommen, daß es erfährt, daß das in sie gehörende Sein als sich «aus dem Entwurfbereich von Zeit» bestimmendes Anwesen das Da-sein angeht
[79]. Daher trifft der Name ‹D.› «sowohl den Bezug des Seins zum Wesen des Menschen als auch das Wesensverhältnis des Menschen zur Offenheit (‹Da›) des Seins als solchen zugleich und in
einem Wort»
[80].