Herrenmoral
1527
10.24894/HWPh.1527
Johann Baptist Müller
Nietzsche
Ethik und Moralphilosophie
Sklavenmoral
Herrenmoral. So nennt
Fr. Nietzsche die Werthaltung der Mächtigen, der Eroberer und Vornehmen. Ihre besonderen Kennzeichen sind: Tapferkeit, Selbstzucht, Wahrhaftigkeit, Ehrfurcht vor Alter und Herkunft, Grausamkeit gegenüber den Beherrschten
[1]. Der Gegensatz von Gut und Böse ist in der H. gleichbedeutend mit dem von Vornehm und Verächtlich. Das deutsche Wort ‹schlecht› sei ursprünglich mit ‹schlicht› identisch
[2]. Der Herr, die «solitäre Raubtier-Spezies Mensch»
[3] verwirft die Sklavenmoral, die Demut und Mitleid mit den Schwachen fordert. Die Moral der Minderwertigen wurzelt im Ressentiment gegenüber den Starken und Vornehmen. Das optimistische Fortschrittsdenken der Schwachen übersieht, daß die «Ausbeutung ... Ur-Faktum aller Geschichte»
[4] ist. Der Sklavenaufstand in der Moral beginnt mit dem Judentum
[5]. Die jüdischchristliche Tradition hat Europa der Demokratie ausgeliefert. In dieser Staatsform dominieren die Sklavenwerte Gleichheit, Sekurität und Glück. Sie ist für Nietzsche die «Verkleinerungs-Form des Menschen»
[6]. Die Demokratie soll durch die Herrschaft des Übermenschen abgelöst werden. Nietzsche erweist sich mit seiner Lehre von der H. als einer der führenden Vertreter des Sozialdarwinismus.
|
Fr. Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse. Werke, hg. K. Schlechta 2 (1955) 730ff. |
|
Zur Genealogie der Moral a.a.O. 2, 775. |
| |
|
Jenseits von Gut und Böse a.a.O. 2, 729. |
| |
| |
J. Bourdeau: Le néo-cynicisme aristocratique, F. Nietzsche. J. des Débats (1893). – A. Tille: Von Darwin bis Nietzsche (1895). – J. Kaftan: Das Christentum und Nietzsches H. (1897). – M. Kronenberg: Fr. Nietzsche und seine H. (1901). – S. Danzig: Drei Genealogien der Moral: B. de Mandeville, P. Rée und Fr. Nietzsche (1904). – E. Seillière: La philos. de l'impérialisme 2: Apollon ou Dionysos; étude crit. sur Fr. Nietzsche et l'utilitarisme impérialiste (Paris 1905). – G. Hilbert: Nietzsches H. und die Moral des Christentums (1910). – M. Scheler: Über Ressentiment und moralisches Werturteil (1912); Das Ressentiment im Aufbau der Moralen, in: Vom Umsturz der Werte 1 (1919). – H. Weichelt: Nietzsche, der Philosoph des Heroismus (1924). – J. Kräutlein: Nietzsches Morallehre in ihrem begrifflichen Aufbau (1926). – S. Boessneck: Nietzsches Ideal der Vornehmheit (Diss. Leipzig 1926). – Ch. Andler: La morale de Nietzsche dans le «Zarathustra». Rev. Hist. Philos. et Hist. gén. de la civilisation 4 (1930). – L. Haas: Der Darwinismus bei Nietzsche (1932). – J. E. Spenlé: La pensée allemande de Luther à Nietzsche (Paris 1934). – A. Rosental: Nietzsches «Europäisches Rasseproblem» (Leiden 1935). – W. Spethmann: Der Begriff des Herrentums bei Nietzsche (1935). – W. McGovern: From Luther to Hitler; the hist. of fascist-nazi political philos. (New York 1941). – R. Pannwitz: Nietzsche und die Verwandlung des Menschen (Amsterdam 1943). – G. Lukács: Die Zerstörung der Vernunft (1955). – H. Conrad-Martius: Utopien der Menschenzüchtung. Der Sozialdarwinismus und seine Folgen (1955). – E. Bentley: A century of hero worship; a study of the idea of heroism in Carlyle and Nietzsche (Boston
21957). – E. Sandvoss: Hitler und Nietzsche (1969).