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Seinsverständnis

Seinsverständnis 3794 10.24894/HWPh.3794 Peter Probst
Heidegger Metaphysik Seinsfrage
Seinsverständnis. ‹S.› ist ein Begriff der Fundamentalontologie M. Heideggers. In ‹Sein und Zeit› bezeichnet er eine Voraussetzung der Frage nach dem «Sinn von Sein»: «Als Suchen bedarf das Fragen einer vorgängigen Leitung vom Gesuchten her. Der Sinn von Sein muß uns daher schon in gewisser Weise verfügbar sein. Angedeutet wurde: wir bewegen uns immer schon in einem S. Aus ihm heraus erwächst die ausdrückliche Frage nach dem Sinn von Sein und die Tendenz zu dessen Begriff. Wir wissen nicht, was ‘Seinʼ besagt. Aber schon wenn wir fragen:» was ist ‘Seinʼ? «halten wir uns in einem Verständnis des ‘istʼ, ohne daß wir begrifflich fixieren könnten, was das ‘istʼ bedeutet. Wir kennen nicht einmal den Horizont, aus dem her wir den Sinn fassen und fixieren sollten. Dieses durchschnittliche und vage S. ist ein Faktum» [1]. Aber die «Seinsfrage verlangt im Hinblick auf ihr Befragtes die Gewinnung und vorherige Sicherung der rechten Zugangsart zum Seienden» [2]. Daraus ergibt sich die weiterführende Frage: «An welchem Seienden soll der Sinn von Sein abgelesen werden, von welchem Seienden soll die Erschließung des Seins ihren Ausgang nehmen? Ist der Ausgang beliebig, oder hat ein bestimmtes Seiendes in der Ausarbeitung der Seinsfrage einen Vorrang?» [3]. «Ausarbeitung der Seinsfrage besagt demnach: Durchsichtigmachen eines Seienden – des fragenden – in seinem Sein. Das Fragen dieser Frage ist als Seinsmodus eines Seienden selbst von dem her wesenhaft bestimmt, wonach in ihm gefragt ist – vom Sein. Dieses Seiende, das wir selbst je sind und das unter anderem die Seinsmöglichkeit des Fragens hat, fassen wir terminologisch als Dasein» [4]. «Das Dasein ist ein Seiendes, das nicht nur unter anderem Seienden vorkommt. Es ist vielmehr dadurch ontisch ausgezeichnet, daß es diesem Seienden in seinem Sein um dieses Sein selbst geht. Zu dieser Seinsverfassung des Daseins gehört aber dann, daß es in seinem Sein zu diesem Sein ein Seinsverhältnis hat. Und dies wiederum besagt: Dasein versteht sich in irgendeiner Weise und Ausdrücklichkeit in seinem Sein. Diesem Seienden eignet, daß mit und durch sein Sein dieses ihm selbst erschlossen ist. S. ist selbst eine Seinsbestimmtheit des Daseins» [5]. «Unter Festhaltung dieses Zusammenhangs soll gezeigt werden, daß das, von wo aus Dasein überhaupt so etwas wie Sein unausdrücklich versteht und auslegt, die Zeit ist. Diese muß als der Horizont alles S. und jeder Seinsauslegung ans Licht gebracht und genuin begriffen werden. Um das einsichtig werden zu lassen, bedarf es einer ursprünglichen Explikation der Zeit als Horizont des S. aus der Zeitlichkeit als Sein des seinsverstehenden Daseins» [6].
[1]
M. Heidegger: Sein und Zeit (1927, 91960) 5.
[2]
a.O. 6.
[3]
7.
[4]
a.O.
[5]
12.
[6]
17.
Literaturhinweis. J. Stallmach: Ansichsein und Seinsverstehen (1987).