Zeug. Der Begriff ‹Z.› wird in der deutschsprachigen Philosophie zunächst nahe am Alltagsgebrauch verwendet. In seiner Kosmologie nennt
I. Kant die Dinge das «rohe Z. der Materie» oder «der Natur»
[1]. Er spricht aber auch im menschlich-alltagsrelevanten Sinne von Z.: «Endlich ist die Cultur der Leibeskräfte (die eigentliche Gymnastik) die Besorgung dessen, was das Z. (die Materie) am Menschen ausmacht, ohne welches die Zwecke des Menschen unausgeführt bleiben würden»
[2]. Im Anschluß an
G. W. F. Hegels Auffassung, daß die «zweckmäßige Tätigkeit» den traditionellen Subjekt-Objekt-Dualismus überwunden habe
[3], stehen für
F. Kapp Werk wie Werkzeug derart «in innerster Verwandtschaft mit dem Menschen selbst, dass er in der Schöpfung seiner Hand ein Etwas von seinem eigenen Sein ... vor seine Augen gestellt erblickt». Kapp verwendet dafür erstmals den Terminus ‹Z.›: «Das sogenannte ‘Z.ʼ des Handwerkers, die Instrumente der Kunst, die Apparate der Wissenschaft ... gehören folgerichtig in die Kategorie der in Materie geformten Projection, die ... Organprojektion»
[4].
In diesem Sinne wird der Terminus ‹Z.› auch von
M. Heidegger aufgegriffen. In der Absicht, die traditionelle Dingontologie zu destruieren und der Philosophie «ursprünglichere» Fundamente zu geben, versucht er einen phänomenologischen Aufweis des Seins des nächstbegegnenden Seienden – so, wie es im «gebrauchenden Umgang»
[5] ohne theoriegeladene Verstellungen erlebt wird: «Wir nennen das im Besorgen begegnende Sein das Z.»
[6]. Aus dieser «primärpragmatischen Betrachtungsweise» der «Zuhandenheit» (s.d.)
[7] erscheint das Z. als eingebunden in praktische Vollzüge und menschengesetzte Zwecke: «Z. ist wesenhaft ‘etwas, um zu ...ʼ»
[8].
Das Z. hat nach Heidegger meist die «Unauffälligkeit des zunächst Zuhandenen»
[9]. Daher bedarf der Z.-Charakter allererst einer phänomenologischen Freilegung. ‹Z.› tritt stets in einem weiteren Sinnhorizont auf, in dem ein Z. auf ein anderes verweist: «Die verschiedenen Weisen des ‘Um-zuʼ wie Dienlichkeit, ... Handlichkeit konstituieren eine Zeugganzheit. In der Struktur ‘Um-zuʼ liegt eine Verweisung von etwas auf etwas»
[10]. Durch eine Analogisierung des Z. zum Zeichen bereitet die Z.-Analyse den Zugang zur Analyse der «Weltlichkeit» vor
[11].
Heidegger grenzt sich von einer theoretischen Betrachtungsweise ab: «Versuche ich, die Umwelt theoretisch zu erklären, dann fällt sie in sich zusammen»
[12]. Er greift statt dessen auf die Erfassung der Praxis und der Pragmata bei Aristoteles zurück
[13]. Dennoch fällt die Z.-Analyse eher instrumentell aus und verweist mehr auf die Sphäre des Herstellens, der Poiesis (s.d.) bzw. Techne: «Dieses Seiende, das Z., ist dem Vorstellen des Menschen
in einer besonderen Weise nahe, weil es durch unser eigenes Erzeugen ins Sein gelangt»
[14].
Ähnliche Beschreibungen des Werkzeuggebrauchs gibt es auch im Pragmatismus (s.d.) von
J. Dewey[15]. Die Orientierung am handwerklichen Werkzeuggebrauch thematisiert die modernen Formen der Arbeit und Arbeitsteilung sowie der industriellen Produktion allerdings nur rudimentär
[16]. Der Schwerpunkt auf dem «Herstellen» läßt die Technikkritik in Heideggers Spätphilosophie als eine verdeckte Selbstkritik erscheinen. Später übernimmt
W. Schapp Heideggers Z.-Analysen für seine Beschreibung des «Wozu-Dings»
[17] und geht dabei ebenfalls paradigmatisch vom monologischen Werkzeuggebrauch aus
[18].