II.
Antike und Mittelalter. – Die antiken Auffassungen vom S. sind Teil einer Kultur des Schauens, deren verschiedene Elemente durch die Universalität des «Sichtbarkeitspostulats» (
H. Blumenberg[1]) verbunden sind. Dessen Geltung zeigt sich eindrucksvoll darin, daß zahlreiche Begriffe der Erkenntnis und des Denkens –
εἰδέναι, ἱστορεῖν, ἰδεῖν, γιγνώσκειν, θαυμάζειν; ‹videre›, ‹visere›, ‹specere›, ‹tueri›, ‹contemplari› – dem in den alten wie in den neuen Sprachen reich nuancierten Wortbestand der visuellen Erfahrung entstammen
[2]. Indirekt wird die semantische Überergiebigkeit des S. zudem darin deutlich, daß gerade der am tiefsten Blickende blind sein darf. Die Strafe der Blendung, von der der Mythos erzählt, ist spätestens seit
Ciceros Erinnerung an die Verstümmelung des Demokrit, an die Blindheit Homers und an die Bestrafung des nachmaligen Auguren Teiresias als Geschenk deutbar gewesen, das eine grenzenlose Unendlichkeit erschließt
[3] und den Betreffenden gegen die zerstreuende Wirkung der äußeren Dinge abschirmt. Im christlichen Denken wird die ethische Dimension des Motivs radikalisiert. Mehr als bloß Kompensation, gestattet das durch die Blindheit aufgewertete innere Auge dem «Inspirierten» (
θεουργός)
[4] und «Seher» (
θεωρός)
[5] die Annäherung an Geheimnisse, die dem sinnlichen S. durch den Andrang der Schaulust, durch die «vitia videndi» und ihre Sensationen verstellt ist. Mit diesem Motivkomplex, der zu den ältesten der Tradition gehört, umfaßt die
Geschichte des S. von Beginn an eine
Kritik des S.1. Die ersten aus diesem Umfeld hervorgegangenen Konzeptionen des S. sind einer Theorie der Seele angegliedert. Wie
G. Simon in seiner «Archäologie des Blicks»
[6] gezeigt hat, unterscheiden sie sich damit nachdrücklich vom ernüchterten Objektbezug der frühneuzeitlichen «Physik des Lichts», die dann – vorbereitet durch die originären Erkenntnisse der islamischen Philosophie – an der Schwelle zur Neuzeit mit
J. Kepler aufkam. Für weit länger als ein Jahrtausend, in der Zeitspanne zwischen dem vierten Jahrhundert vor und dem zehnten Jahrhundert nach der Zeitenwende, ist das Paradigma des Sehstrahls für das Verständnis des S. richtungweisend. Dieses epistemologische Grundelement, dessen Geltung
M. Ficino[7] und
L. B. Alberti[8] noch in einer Zeit dominanter Konkurrenzmodelle hervorheben und bekräftigen werden, prägt das theoretische Gefüge der antiken Optik.
Die griechischen Texte bezeichnen den Sehstrahl als
ἀκτίς oder
ὄψις, gelegentlich auch als
ὁρατικὸν πνεῦμα («Seh-Hauch»). Ohne daß terminologisch immer strikt unterschieden würde, sind damit sowohl eine Emission, bei der Strahlen (
ἀκτῖνες: «Feuerpfeile») in gerader Linie aus den Augen austreten, als auch die Ansichten, die der Blick von einem Gegenstand auffängt, gemeint. Die naheliegende und in der Literatur auch häufig unterstellte Assoziation des Lichtstrahls ist problematisch, denn die bei den antiken Theoretikern, Philosophen und Dichtern verbreitete Hypothese faßt Leuchten und S., also die physikalische und mentale Dimension, noch als Zusammenhang
[9]. Die Diskrepanz zu späteren Auffassungen ist offenkundig: Der Blick emaniert in der Form eines Kegels oder einer Pyramide, um am Ort des Wahrgenommenen das S. zu realisieren.
In einer von
Aristoteles herangezogenen und nach dieser prominenten Zitierung immer wieder aufgenommenen und kommentierten Passage kann
Empedokles das Auge mit einer Laterne vergleichen, in deren Licht das urewige Feuer verwahrt sei, um von dort nach außen zu treten und seine Verbindung mit dem Tageslicht erneut zu realisieren
[10]. Die Erklärung unterstreicht die Verwandtschaft zwischen Gesehenem und Sichtbarem, zwischen visueller Ausströmung und Licht. Die antiken Theorien des S. bestätigen diesen Zusammenhang durchgehend, und zwar ganz gleichgültig, ob sie die zugrundegelegte Analogizität nach dem Modell des Flüssigen, der Atome oder aber – wie von
Alkmaion über
Empedokles bis zu
Platon und
Ptolemaios überliefert – nach dem Vorbild des Feuers verstanden wissen wollen. Die Götter, so faßt
Platon diese Positionsreihe zusammen, fertigten von allen Sinneswerkzeugen zuerst die lichtspendenden Augen, indem sie aus jenem Feuer, das nicht brennt, aber mildes Licht spendet, eine dem wiederkehrenden Tageslicht verwandte Substanz machten. «Wenn nun das vom Gesicht ausfließende Licht vom Tageslicht aufgenommen wird, so stößt Gleichartiges auf Gleichartiges und verschmilzt miteinander zu einem einzigen gleichartigen Körper in gerader Richtung vom Auge, wo nur immer das von innen ausströmende Feuer auf etwas stößt, was ihm von außen in den Weg tritt. Da nun dieser Stoff zufolge seiner Gleichartigkeit durchgängig die gleichen Einwirkungen erfährt, so teilt er alle Bewegungen, die er teils durch die eigene Berührung eines anderen teils durch den Anstoß von seiten eines anderen erhält, dem gesamten Körper mit und läßt sie hindurchdringen bis zur Seele: so entsteht jene Wahrnehmung, welche wir ‘S.ʼ nennen» (
Ὅταν οὖν μεθημερινὸν ᾖ φῶς περὶ τὸ τῆς ὄψεως ῥεῦμα, τότε ἐκπῖπτον ὅμοιον πρὸς ὅμοιον, συμπαγὲς γενόμενον, ἓν σῶμα οἰκειωθὲν συνέστη κατὰ τὴν τῶν ὀμμάτων εὐθυωρίαν, ὅπῃπερ ἂν ἀντερείδῃ τὸ προσπῖπτον ἔνδοθεν πρὸς ὃ τῶν ἔξω συνέπεσεν. Ὁμοιοπαθὲς δὴ δι' ὁμοιότητα πᾶν γενόμενον, ὅτου τε ἂν αὐτό ποτε ἐφάπτηται καὶ ὃ ἂν ἄλλο ἐκείνου, τούτων τὰς κινήσεις διαδιδὸν εἰς ἅπαν τὸ σῶμα μέχρι τῆς ψυχῆς αἴσθησιν παρέσχετο ταύτην ᾗ δὴ ὁρᾶν φαμεν)
[11].
Der in dieser wertenden Beschreibung erwähnte «Stoff» ist das integrale Medium, in dem der visuelle Eindruck entsteht. S. und Licht haben daran gleichermaßen teil. Die Homogenität des zu durchmessenden Raumes wird in dem kühnen, zunächst vor allem von den Pythagoreern verbreiteten und dann bis in die Spätantike nachwirkenden Vergleich des S. mit einem Berühren durch Stäbe und bei
Hipparch sogar mit dem Ausgreifen einer Hand anschaulich
[12].
Die Sehstrahltheorie bietet eine Erklärung dafür, wie das S. Distanzen überwindet: Das Auge nutzt die umgebende Luft wie ein Werkzeug, indem es ihm seine Aktivität mitteilt. Einer dann bis zu Goethe und darüber hinausreichenden Metapherntradition folgend, nimmt
Galen diesen Grundgedanken auf, indem er das Öffnen der Augen als Sonnenaufgang beschreibt. Sobald die Strahlung der Sonne den oberen Rand der Luft berühre, verleihe sie dieser ihre Kraft
[13]. Der im zweiten nachchristlichen Jahrhundert angestellte Vergleich bestätigt die relative Konstanz der epistemologischen Grundannahmen. Dazu zählen vorrangig die immer schon vorausgesetzte Proportionalität und funktionale Gleichstellung von «aussendendem» und «empfangendem», von «tätigem» und «leidendem» Teil als einer Wahrnehmung des Gleichen durch das Gleiche sowie die umfassende, also nicht einseitig auf ein Subjekt zurückgenommene Aktivität des S. In der hellenistischen Tradition umfaßt das S. die Möglichkeit, gleichsam «außer sich selbst [zu] empfinden», wird doch der Sehstrahl aufgrundseines synthetischen Charakters «wie ein ephemeres Organ» aufgefaßt, «als eine Art Auswuchs der Seele»
[14].
2. Die Theorie des optischen Bildes, wie sie der Atomismus vertritt, weicht ebenso von den späteren Erklärungsangeboten ab wie die antike Sehstrahltheorie, mit der sie im übrigen einige strukturelle Gemeinsamkeiten aufweist. Bei aller Vielgestaltigkeit ihrer Positionen im einzelnen unterstellen die Atomisten einmütig die Homogenität von Anblick und Licht. Sie soll erklären, wie das Bild, nachdem es sich vom Gegenstand gelöst hat, in der mit der ausgesandten Form übereinstimmenden Gestalt als verkleinertes Ganzes den Weg zum Organ der Wahrnehmung findet. Das S. entsteht im Moment der unmittelbaren Berührung von Augenemission und ausgesandtem Bild. Der Abfluß von der Oberfläche der Körper gehe in stetiger Folge vor sich, versichert
Epikur, wobei das Bild «die Lage und Ordnung der Atome am festen Körper geraume Zeit hindurch» bewahre, «wenn es auch zuweilen in Verwirrung gerät»
[15].
Die Genealogie dieser Erläuterung führt zurück bis auf die Annahme
Demokrits, derzufolge das S. durch das Abbild zustande komme, welches die Pupille bei der Hinwendung auf ein Objekt empfängt. Nach einer von
Theophrast festgehaltenen Überlieferung
[16] läßt
Demokrit das Gesichtsbild nicht direkt im Auge entstehen, sondern außerhalb, durch die Zusammendrängung der Luft zwischen dem Auge und dem Gegenstand, von dem die Bilder permanent in alle Richtungen ausströmen. Demokrit objektiviert die Sehtheorie, indem er die Hypothese der Wirkung des Gleichen auf das Gleiche historisch erstmalig auf Unbelebtes ausdehnt und optische Vorgänge konsequent als Raumrelationen expliziert. S. ist für ihn Ausdruck dessen, daß etwas in etwas erscheint
[17]. Demokrits weitergehende Deutung des Anblicks als Spiegelung (
ἔμφασις) einer zwischen Gegenstand und Pupille zustandekommenden Luftgestalt im feuchten Auge ist freilich von
Aristoteles zurückgewiesen worden. Auf der Differenz zwischen S. und Spiegeln beharrend, wirft Aristoteles die rhetorische Frage auf
[18], warum unter dieser Voraussetzung nur das Auge sehen könne, andere Dinge hingegen nicht, obwohl doch auf manchen von ihnen ebenfalls Spiegelbilder entstehen.
3. Der Einspruch zeigt, daß und in welchem Maße die Grundannahmen der antiken Optik einander vielfach kreuzen. Zu einer systematisierten und allgemein anerkannten
optischen Theorie des S. ist es nie gekommen. Nicht einmal der seither so häufig bestätigte, ursprünglich wohl auf die Kugelgestalt des Auges und die darin nahegelegte Analogie zur ‘sphärischenʼ Gestalt des Kosmos zurückgeführte Gemeinplatz, wonach das Auge der erste und edelste der Sinne sei
[19], blieb in der Antike unbestritten. Doch dies sind Auffassungsunterschiede, welche die Intaktheit der epistemologischen Grundlagen nicht ernstlich gefährden. Tatsächlich sind die Konzepte der sei es vom Betrachter, sei es vom Gegenstand ausgehenden «Ausflüsse», «Pfeile» und «Strahlen» nicht schlechterdings unvereinbar, sofern die Aufmerksamkeit sich in beiden Fällen auf das Bild und seine Positionierung richtet, über die das S. zustande kommt.
Eine derart integrative Vorstellung favorisiert auch
Platon. Die platonische Sehtheorie, wie sie jene Beschreibung aus dem ‹Timaios› entwickelt und wie sie grundsätzlich im ‹Staat› bestätigt wird
[20], ist dreigliedrig. Neben den beiden Emissionsquellen bezieht sie auch das Tageslicht (
ἡμερινὸν φῶς) ein. Der von Platon übernommene Similia-similibus-Grundsatz, demzufolge im Sehvorgang Gleichartiges aufeinandertrifft, geht über die Vorstellung einer flüchtigen Berührung der Ströme und Strahlen entschieden hinaus: Die visuelle Wahrnehmung ist das Ergebnis einer immer neu verwirklichten Synthese aus S. und Licht.
Dieser Implikationszusammenhang wird auf metaphorischer Ebene gleichfalls aufgenommen, wenn Platon geistige Vorgänge nach dem Vorbild des S. und näherhin des unbewegten S. erklärt. Wie alle Aufklärung will auch die platonische Ideenlehre ‘zur Einsicht bewegenʼ und ‘die Augen öffnenʼ für das, was ist. Erkennen wird zu einer Weise des Sichtbarmachens, bei dem das Essentielle als Verborgenes gedacht und der Wissenserwerb vor die Aufgabe gestellt ist, durch die Verbergungen hindurch zum Ideenschauplatz vorzudringen. Vor diesem Hintergrunddrängt die Selbstorientierung des Denkens am S. auf Modifikation, denn die Idee des Schönen, auf die sie das Erkennen verweist, ist jeder Zeitlichkeit, Vergänglichkeit und Wandelbarkeit überhoben
[21]. Unter den Sinnen, dies bekräftigt Platon so uneingeschränkt wie seine Vorgänger, sind die Augen ausgezeichnet
[22]. Ihnen ist es vorbehalten, die Ausstrahlungen der leiblichen Schönheit aufzunehmen. Diese aber steht nicht für sich selbst, denn in der Diesseitswelt legt die Schönheit die Spur der Transzendenz. Der Schauer, der beim S. des Schönen verspürt wird, bewahrt den Betrachter davor, dem sinnfälligen Liebreiz zu verfallen
[23].
Vor diesem Hintergrunderklärt sich die gedankliche Zumutung des platonischen Intellektualismus, die darin liegt, daß das Schauen zur Distanzierung vom Geltungsbereich des Sichtbaren bewegen soll. Ist der Zugang zum Schauplatz der Ideen erst einmal beschritten, ist eigentlich nichts mehr zu sehen. Das Schauen ist ein metaphorisches und damit das S. zugleich überbietendes S., ein «Blick des Denkens» (
τῆς διανοίας ὄψις)
[24]. Die Präparierung des Motivs läßt sich in der Gedankenentwicklung der platonischen Dialoge mitvollziehen. Im ‹Charmides› erwägt Platon zum ersten Mal überhaupt
[25] und geistesgeschichtlich wegweisend, ob neben dem gewöhnlichen S., dem S. der Farben, nicht noch eine höhere Art des S. anzusetzen sei, ein S. des S. selbst
[26]. Damit ist der Sprung vom S. zum ‘Daß des S.ʼ getan. Im ‹Phaidon›
[27] ist dann bereits von schauendem oder intuitivem Erkennen (
θεωρεῖν, διανοεῖσθαι), von staunender Schau (
θεᾶσθαι) die Rede.
Das Höhlengleichnis motiviert diese Wendung durch den Verdacht, daß der Sehende außerstande sein könnte, über die Realitätsangemessenheit seiner Wahrnehmung zuverlässig zu befinden. Die nachmalige «‘Verallgemeinerungʼ des Höhlendramas zur philosophischen Grundfabel»
[28] hat diesem Bedenken in beispielloser Weise Nachdruck verliehen. Demnach müßte selbst derjenige, der aus seiner Befangenheit erlöst und auf das Zustandekommen seines Seheindrucks aufmerksam geworden wäre, an seiner hergebrachten Auffassung festhalten und Blendwerk und Schatten für wirklicher halten als die Wahrnehmungen aus der Welt des natürlichen Lichts. Erst die Gewöhnung würde es mit der Zeit gestatten, die wahre Welt außerhalb der Höhle zu sehen, und das heißt nach der Bewältigung des Aufstiegs auch: sie zu erkennen. Mag die so in Reichweite gerückte Idee auch etymologisch auf das S. (
ἰδεῖν) zurückgehen, so ist doch dieses neue, erkennende S. ganz anders als dasjenige der Gefangenen in der Höhle
[29]. Es schließt den Zweifel an der Validität des zu sehen Gegebenen ein. Wer die Wahrheit erkennen will – auch dies ist ein frühgriechisches, von den Rhapsoden in der Wertschätzung der Blindheit aufgenommenes Gedankenmotiv –, der sieht mit dem inneren Auge, mit dem «Auge der Seele» (
τῆς ψυχῆς ὄμμα)
[30]. Die Differenz zwischen den Weisen des S. ist so tiefgehend, daß Platon den Gebrauch der Verba videndi im engeren Umkreis der Ideenlehre –
εἶδος oder
ἰδέα – zeitweise eingeschränkt zu haben scheint
[31], um eine Überschneidung der Sphären auszuschließen.
Das durch die lichtmetaphysische Einbettung angereicherte Aussagepotential des Begriffsfeldes sprengt den Rahmen jener Disziplinengrenzen, wie sie der Vorgeschichte häufig im nachhinein, unter dem Eindruck der von der physikalischen Optik entwickelten Selektionskriterien, eingezogen worden sind. Der im Schauen geltend gemachte Anspruch der
θεωρία bewegt zur Besinnung auf die Anamnesis, fördert den Aufschwung der Seele und geleitet zum Wahren und Guten. Auf diese Weise hält er epistemologische und ethische Implikationen beisammen. Die «Typen des Schauens» durchdringen die ganze kulturelle Sphäre
[32] und rücken sie zugleich auf Distanz, denn die Normativität der
θεωρία schließt die Kritik des S. ein. So verfällt die Malerei dem Verdikt, weil sie das Sinnliche – von dem aus der Weg zum Seienden nachgewiesen und gefunden werden will – auf Sichtbares zurücknimmt
[33]. Beide ursprünglich am S. orientiert, beschreiten der «Bildermacher» (
εἰδωλοποιός) und der «Theoretiker» (
θεωρός) dennoch entgegengesetzte Wege, und es ist unstreitig, welchem Konzept die Sympathien des Philosophen gehören. Die Fruchtbarkeit dieser Kritik besteht jedoch nicht so sehr in der dann durch den Neuplatonismus verschärften Absage an die Aufschlußkraft des sinnlichen S. als in der Sensibilisierung des philosophischen Denkens für die Frage der Angemessenheit seiner Formen und Mittel. Die intellektualistische Skepsis gegenüber dem S. macht den philosophischen Zugang zur Wahrheit als solchen zum Problem.
4. Die von der Ideenlehre umfaßte Spannung zwischen sinnlichem S. und noetischer Schau wird von
Aristoteles gemildert. Zwar gesteht auch er dem dezidiert
theoretischen, auf die Ermittlung der ersten Gründe und Ursachen bezogenen Wissen eine Vorrangstellung gegenüber dem praktischen Wissen zu, sobald es um die Erkenntnis der Wahrheit geht. Seine von den frühen Editoren so genannte ‹Metaphysik› beginnt jedoch mit
der förmlichen Feststellung, alle Menschen strebten natürlicherweise nach Wissen. Dieses Konstituens, fährt Aristoteles fort, tue sich in der Liebe zu den Sinneswahrnehmungen und hier vorzugsweise in der Wertschätzung der Augen kund. Die Begründung zeigt, daß dieser Zuspruch nicht leichthin erfolgt: Nach Aristoteles hat er seine Ursache darin, «daß dieser Sinn uns am meisten Erkenntnis gibt und viele Unterschiede aufdeckt» (
αἴτιον δ' ὅτι μάλιστα ποιεῖ γνωρίζειν ἡμᾶς αὕτη τῶν αἰσθήσεων καὶ πολλὰς δηλοῖ διαφοράς)
[34].
Aristoteles schwächt die überweltlichen Bezüge des S. und beschränkt die platonistische Mehrdeutigkeit, indem er dazu übergeht, das S. als eine Sinnesleistung zu untersuchen, die beschreibbaren Regeln folgt. Die überlieferten Texte bieten zwei Erklärungen des Sehvorgangs an, ohne definitiv zwischen beiden zu entscheiden. In offener Konkurrenz zu dem von ihm selbst erwogenen Sehstrahlkonzept
[35] lenkt Aristoteles in seiner Seelenkunde die Aufmerksamkeit auf das transparente Medium, das Auge und Gegenstand verbindet. Da demnach das S. nur zustande kommt, wenn «das Sinneswerkzeug etwas erleidet», dieser Impuls aber nicht von der gesehenen Farbe ausgehen kann, «bleibt nur übrig eine Erregung durch den Zwischenstoff. Wäre also der Zwischenraum leer, so würden wir nicht etwa genau sehen, sondern überhaupt nicht»
[36]. Transparenz ist demnach die Natureigenschaft einiger Elemente, der Luft oder des Wassers, die sie aktivieren, wenn sie die Farbe eines Dritten sehen lassen. Hinzu tritt das Licht, ohne das Ansichtigkeit nicht zu realisieren wäre. Nach Aristoteles ist es keine Substanz, sondern «die Betätigung des Durchsichtigen als solchem» (
φῶς δέ ἐστιν ἡ τούτου ἐνέργεια τοῦ διαφανοῦς ᾗ διαφανές)
[37]. Was das Auge infolgedessen aufnimmt, ist der über das Medium vermittelte Farbreiz. Dieser ist Sichtbares und damit Teil der Selbstaffizierung des S. Wenn Aristoteles die Farbe nicht bloß zum Gegenstand des S. erklärt, sondern das S. seinerseits als etwas Gefärbtes beschreibt
[38], dann ist damit offenbar eine Einheit angesprochen, die das S. mit dem S. des S. augenblicklich realisiert
[39].
5. Die sinnesphysiologische Leistung des Auges findet bei Aristoteles geringere Beachtung. Er begnügt sich mit den Auskünften des alten Similia-similibus-Prinzips: Als wäßriges Organ teilt das Auge mit dem Medium die Eigenschaft der Transparenz. Das Gesehene ist eine im S. zustande gebrachte Konkretion von Sichtbarem. Die Hervorhebung des Medialen, die dann in den pneumatologischen Sehtheorien der Stoiker aufgenommen wird
[40], führt die aristotelischen Erläuterungen auf Umwegen zu einigen Grundannahmen der platonischen Optik zurück.
Ungleich deutlicher als im aristotelischen Denken ist die Spur platonistischer Vorstellungen bei
Plotin ausgeprägt. Während die aristotelische Sehkonzeption eine Versachlichungstendenz erkennen ließ, die gelegentlich auf die epistemologischen Grundlagen der dann an der Schwelle zur Neuzeit definierten physikalischen Optik vorauszuweisen scheint, versetzt der christliche Neuplatonismus die Topoi der antiken Sehtheorien geradewegs in die Metaphysik. Der Zweifel an der Aufschlußkraft des Augensinns wird nun auf die Proportionalität des menschlichen Weltverhältnisses insgesamt ausgedehnt. Die Tragweite dieses Bedenkens erleichtert die Umdeutung des S. Die Geisterzeugung des Einen geschieht dadurch, erläutert Plotin, «daß es in der Rückwendung auf sich selbst sich selbst sieht. Dieses S. aber ist der Geist» (
ὅτι τῇ ἐπιστροφῇ πρὸς αὑτὸ ἑώρα· ἡ δὲ ὅρασις αὕτη
νοῦς)
[41]. Die Formulierung zeigt nebenbei, wie stark die hellenistische Bevorzugung des Augensinns unter christlichen Vorzeichen nachgewirkt hat. Im Bemühen, zwischen der Visualität des griechischen Denkens und der Akroamatik der alttestamentlichen Botschaft auszugleichen, hat der christliche Neuplatonismus «den Bildungsgang des Geistes als Verwandlung der niederen Form des Hörens in die höhere des S. figuralisiert»
[42]. Die damit etablierte Vorzugsstellung der Visualität wird noch für Cusanus vorbildlich sein.
Zunächst freilich verschärft die Grundfigur der Selbstbezüglichkeit die semantischen Dissoziationen des Höhlengleichnisses. Hatte
Platon sinnliches und geistiges S. kontrastiert, um von diesem ein erhellendes Licht auf jenes fallen lassen und die beanstandeten Irreführungen des Sensoriums korrigieren zu können, so verdächtigt
Plotin die sichtbare Körperwelt pauschal als trügerische Welt des Scheins. Die Abwertung ist so kraß, daß die neuplatonische Hierarchie der Seinsstufen die platonische Szenerie des Aufbruchs vollkommen verdrängt. Wenn die neuplatonische
θεωρία den Aufstieg der von der übersinnlichen Schönheit erregten Seele anleitet, dann führt sie sie heim. Konsequent überträgt Plotin Sinnliches auf Geistiges, Äußeres auf Inneres. Die Seele nimmt das höchste Schöne ohne Gebrauch der Sinne auf, denn ‹S.› bezeichnet nun ein Vermögen gleich dem, «mit dem die Seele derartige Dinge schaut» (
ᾧ ψυχὴ τὰ τοιαῦτα βλέπει)
[43]. Die Schau hat sich sonach von allem Sinnlichen fernzuhalten, denn – und hier erfolgt unvermittelt ein Platztausch zwischen Metapher und Begriff –, was das leibliche Auge sieht, ist allenfalls ein Gleichnis. Die aus diesem Grundgedanken abgeleitete Erziehung zu Abkehr und Wiederaufstieg beruht auf der ontologischen Voraussetzung, daß die Einzelseele von der Allseele nur graduell verschieden und deshalb zur Bewältigung der Seinsstufen hinreichend ausgestattet sei. «Jene höhere Sehkraft aber sieht nicht vermöge eines andern Dinges, sondern nur vermöge ihrer selbst, zumal sie sich ja nicht nach außen richtet; sie ist also das eine Licht, welches das andere Licht sieht, nicht geschieht dies Sehen vermöge eines anderen. Es sieht also ein Licht; mithin sieht es selbst sich selber» (
ἡ ὄψις φῶς οὖσα ... ὁρᾷ· ... οὐ δι' ἑτέρου, ἀλλὰ δι' αὑτῆς, ὅτι μηδὲ ἔξω. Ἄλλῳ οὖν φωτὶ ἄλλο φῶς ὁρᾷ· αὐτὸ ἄρα αὑτὸ ὁρᾷ·)
[44]. Die Hebung der Seele durch die Schau ist getragen von einer unvorgreiflichen kosmischen Harmonie.
Das schon für Plotin konventionelle Wort von der «Sonnenhaftigkeit des Auges» (
οὐ γὰρ ἂν πώποτε εἶδεν ὀφθαλμὸς ἥλιον ἡλιοειδὴς μὴ γεγενημένος)
[45] ist durch
M. Ficinos lateinische Übersetzung weitergereicht und von
J. W. Goethe in vielzitierte Verse gesetzt worden («War nicht das Auge sonnenhaft, / Wie könnten wir das Licht erblicken? / Lebt nicht in uns des Gottes eigne Kraft, / Wie könnt uns Göttliches entzücken?»
[46]). Den Versen läßt sich entnehmen, daß die Gedankenfigur auch unabhängig von ihren angestammten Filiationen in solchen Kontexten zu bestehen vermochte, in denen es gerade darum ging, den seinerzeit verschärften Dualismus zwischen S. und Schau zurückzunehmen. Motivtranspositionen wie diese, in denen das Auge schließlich als «das letzte, höchste Resultat des Lichtes auf den organischen Körper» emphatisiert ist
[47], werden jedoch erst nach einem umfassenden Austausch der Gedankenhintergründe und insbesondere nach der sensualistischen Revokation der platonistischen Entkräftung des S. vollziehbar.
Bis dahin wirkt die antike
θεωρία im christlichen Konzept der «visio» weiter. Zwar hat
Augustinus keine spezielle Abhandlung über das S. verfaßt, doch seine Autorität ist auch bei diesem Thema für viele Autoren unstreitig. Entsprechend lebhaft sind seine Überlegungen aufgenommen worden – so von
Adelard von Bath, von
Robert Grosseteste und selbst noch von
John Pecham[48], dessen ‹Perspectiva communis› wiederum
Leonardo da
Vinci exzerpieren wird. Mit der Erklärung, daß der Sehvorgang ein Strahlenentwurf der Augen sei, der sich auf das Nächstliegende ebenso richten könne wie auf Entferntes
[49], übernimmt auch
Augustinus das Sehstrahlkonzept. Die Gesamtveranstaltung der Augustinischen «visio» ist Ausdruck der «prudentia»
[50] und wird – in wahrnehmungs- und erkenntnistheoretischer Hinsicht – als etwas Aktives begriffen.
Sie ist überdies – ethisch-theologisch betrachtet – ein Aufruf zur Läuterung. Augustinus verweist die Seele auf ihren «inneren Sinn» («sensus interior»), der den äußeren Sinnen schon dadurch überlegen sei, daß er ihre Wahrnehmungen zu koordinieren vermag. Von hier aus schreite die Seele weiter, um die Außenwelt und alles Begehren, einschließlich der «curiositas» und der «concupiscentia oculorum»
[51], zu überwinden. Das mit der größten Reserve bedachte sinnliche S. – diesen Gedanken wird
Johannes Scotus Eriugena aufnehmen – dient allein dem Zweck, Gott, der selbst nicht sichtbar ist, in der Schönheit seiner Werke zu erblicken: «deum in his visibilibus creaturis cognoscere»
[52]. Der Schriftsteller
Augustinus unterstützt seine didaktische Absicht durch die Rhetorik des «stereoskopischen Effekts»
[53], indem er das Explikationsangebot der Visualität als Redefigur einsetzt, um theoretisch über es hinauszugelangen. Sein Bemühen gilt der Erregung des «Seelenauges», das förmlich auszubilden ist, «damit es nicht vergeblich und blindlings umherblickt und verkehrt sieht» («ne frustra et temere aspiciat, et prave videat»)
[54]. Wenn Augustinus die Wahrnehmung von der Memoria und vom inneren Sinn der Seele her konzipiert, dann begreift er – mit einer für die nachfolgenden Jahrhunderte wegweisenden semantischen Verschiebung – die «visio corporalis» als Organ der «visio spiritualis». «Die Vernunft ist das Sehvermögen der Seele, mit dem diese von sich aus, unabhängig vom Körper, die Wahrheit schaut» («Ratio est aspectus animi, quo per seipsum, non per corpus verum intuetur»)
[55].
6. Die spezifische Differenz des Sehstrahlkonzepts namentlich gegenüber den nachfolgenden Theorieangeboten ergibt sich daraus, daß es das S. ganz unmittelbar ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt. Das kontextbezogene Erfassen der sensorischen Vorgänge kennt den später selbstverständlich gewordenen Umweg über die Physiologie des Auges oder über die physikalische Erfassung des Lichts noch nicht. Vielmehr stellt es das S. mit dem Gesehenen in den Rahmen einer proportionalen Gesamtordnung. So gelten die Farben nicht, wie seit
I. Newton geläufig, als Modifikationen eines Lichtreflexes, sondern als Eigenschaften des Sichtbaren, als «sensibilia propria» des S.
[56].
Mit dem Gesehenen ist nach antiker Auffassung auch das Licht gegeben, mit diesem wiederum das Gesichtsfeld und die Empfindung des S.;
Euklid setzt das damit umrissene epistemologische Grundgerüst gleichfalls voraus, wenn er die Optik mathematisiert. Seine optischen Lehrsätze erschließen die Phänomene des Sichtbaren mittels geometrischer Figuren. Von der Physiologie des
Organs ist dabei ebensowenig die Rede wie vom Licht oder von der Farbe. Euklid, dessen Optik durch zahlreiche Kompilationen und Neuauflagen auf
Galen, auf
Al-Kindī und
Ibn Al-Haitham (
Alhazen) und dann bis ins 16. Jh. hinein beträchtlichen Einfluß ausüben wird
[57], hebt die Gradlinigkeit der vom Auge ausgesandten, unbegrenzt auseinanderstrebenden Sehstrahlen hervor.
Euklid beschreibt das Blickfeld als Kegelumriß, dessen Scheitelpunkt im Auge und dessen Grundfläche auf dem Objekt ruht. Wo die Sehstrahlen nicht hinreichen, wird auch nichts wahrgenommen, während das, was sie treffen, exakt so, wie sie es berühren, an seinem Ort gesehen wird.
Gut vier Jahrhunderte später wird der alexandrinische Astronom
Klaudios Ptolemaios die rein metrische Betrachtungsweise erweitern und den Gedanken der gegenständlichen Konstanz einfuhren. Hatte
Euklid die Gegenstandsrelationen noch ganz auf meßbare Größen, auf ihre Erscheinungsweise in einem dem Kalkül nachkonstruierten Blickfeld zurückgenommen (mit der Konsequenz, daß die euklidische Optik ein schräg gesehenes Rad nicht als Kreis, sondern als Oval darstellt
[58]), so beläßt
Ptolemaios den Elementen des Blickfeldes ihre relative Identität. Die Sehstrahlen, deren Grundstellung im übrigen auch Ptolemaios nicht antastet, werden reflexiv gefaßt, so daß nun das Empfinden für ihre Erstreckung thematisch wird. Anders als Euklid beschreibt die jüngst wiederhergestellte Konjekturalfassung der ptolemaeischen ‹Optica› den Sehstrahlenkegel als homogenes Gebilde. Die Umstellung erlaubt es, das Sichtbare in Abhängigkeit von der Stärke der beim S. aufgewandten Energie und der Intensität der Beleuchtung zu erfassen. Die optische Sensation wird dadurch hinsichtlich ihrer Deutlichkeit differenzierbar. Nach
Ptolemaios läßt die Sehschärfe mit der Entfernung von der Mittelpunktachse des Sehkegels nach. Die Berücksichtigung der Sehstrahlenlänge gestattet es darüber hinaus, über die ermittelte Entfernung vom Blickpunkt und die Bestimmung des Sehwinkels die Größe der auf dem Sehfeld verteilten Gegenstände zu berechnen.
Dies und die von Ptolemaios geleistete Exposition jener Regeln, die dem binokularen S. die Integration der beiden Sehkegel gestatten, stärken das Vertrauen in die Aufschlußkraft der optischen Sensation, die – wenn man die möglichen Irrtümer des S. nur hinreichend bedenkt und berücksichtigt
[59] – ein untrügliches Wissen über die sichtbar sich zeigende Welt zu eröffnen verspricht. Das S. kann als ‘natürlichʼ erscheinen, denn der Sehende hat «an den von ihm mit dem Blick betasteten Dingen teil, in einer Welt, die wirklich allem und allen gemein ist und die aus einer gegenseitigen Verflechtung von Tun und Leiden besteht»
[60]. Die in den nachfolgenden Sehkonzeptionen aufgeworfenen Fragen nach der Art und Weise, wie die Farbe die Sensation verändert, nach der Wirkung des Lichts, nach der Verbindung von Lichtquelle, Objekt und sensorischem Organ, nach der Dimensionalität des Gesichtsfeldes oder nach dem physikalischen Zusammenhang von S., Sichtbarkeit und Sehwelt haben in den der okularen Kultur der Antike entstammenden Optiken kein auch nur annähernd vergleichbares epistemologisches Gewicht.
Zu Beginn des 9. Jh. tritt
Al-Kindī mit dem Anspruch auf, das antike Wissen in der islamischen Welt bekannt zu machen. Im Zuge dieser Erneuerung rückt die Optik in den Rang einer Leitwissenschaft auf, da sie mit eben jenen Strahlen befaßt ist, die nach Ansicht des Mutaziliten von allen Elementen der Welt ausgesandt werden
[61]. Die Wissenschaft vom Sichtbaren ermittelt die grundlegenden Gesetze des Weltzusammenhangs. Im Sinne des selbstgesetzten Anspruchs greift Al-Kindī die überlieferten Konzeptionen auf und folgt dabei insbesondere den Geometrisierungen, wie sie die euklidische Optik vorgenommen hatte. Darüber hinaus erfährt die Sehstrahltheorie eine physiologische Bestätigung
[62]. Al-Kindī will den Sehstrahl als eine durch das Auge hervorgerufene Umwandlung der umgebenden Luft verstanden wissen. Dementsprechend wird das S. nicht weiter als ein wechselseitiges Aufnehmen von Gleichartigem begriffen, sondern als eine Modifikation von Gegensätzlichem.
Ḥunain ibn
IsḤāq, der zeitgenössische Anhänger der galenischen Schule, stärkt diese Tendenz, wenn er in seiner augenheilkundlichen ‹Lehre vom S.› erklärt, der Sehhauch verändere mit dem Austritt aus dem Auge die Luft
[63]. Die Luft übernimmt demnach die Aufgaben eines Mediums zwischen Auge und Objekt, sie ist Organ des S.
Das Nebeneinander euklidischer und galenischer Theorieangebote sicherte einstweilen den Fortbestand der Sehstrahl- und Sendetheorien, deren Geltung zunächst – das gilt selbst für die gleichzeitig vorgetragene Kritik Alhazens – weniger annulliert als beschränkt wird. Der islamische Eklektizismus förderte die Binnendifferenzierung der überlieferten Konzepte, an deren Ende freilich die Preisgabe des Paradigmas stand
[64]. Besonders weitreichend war in diesem Zusammenhang der Einfluß von
Ibn Sīnā (
Avicenna), der an der Jahrtausendwende die Sehstrahltheorie von einer aristotelisch begründeten Position aus dezidiert zurückwies, ohne freilich eine ausgearbeitete Alternative vorzulegen. Die bedeutungsgeschichtliche Wirkung dieses Peripatetikers ist in erster Linie traditionskritisch. Er widerlegt Euklids Geometrie der Sehstrahlen ebenso wie die galenische Auffassung einer von den Aussendungen bewirkten Umwandlung des Mediums. Statt dessen gibt er der Überzeugung Ausdruck, daß der Sehvorgang der Übermittlung von Farben durch Licht ähnele. Das S. entsteht demnach nicht, «weil etwa in irgendeiner Art ein Strahl von ihm ausginge und auf den sichtbaren Gegenstand träfe, sondern weil die Form des gesehenen Dinges zum Gesichtssinn kommt, und zwar übermittelt durch ein durchsichtiges Medium»
[65]. Die Kritik erleichterte die Rehabilitation der aristotelischen Sehtheorie, die dann
Ibn Rud (
Averroes) im 12. Jh. zur Grundlage seiner Optik macht. Einerseits nimmt Averroes die Optiken seiner Vorgänger einschließlich ihrer medizinischen, naturphilosophischen und mathematischen Fragestellungen auf und führt sie zu einer geschlossenen Konzeption zusammen, andererseits drängt gerade diese Integrationsleistung die
Sendetheorien immer weiter zurück, bis sie schließlich – zumindest im Bereich der wissenschaftlichen Optik – durch die bereits auf die frühneuzeitlichen Sehkonzeptionen vorausweisende
Empfangstheorie des S. abgelöst werden. Entscheidend beteiligt an diesem Umbruch ist
Alhazen, dessen Schriften über die Renaissance hinaus bis ins 17. Jh. hinein lebhafte Beachtung fanden. Alhazen weist das Sehstrahlparadigma endgültig ab, um es – unter Berufung auf den Atomismus und die aristotelische Seelenlehre
[66] – vollends durch ein empfangstheoretisches Modell zu ersetzen. Anders als die Vorgänger beschreibt der islamische Naturphilosoph den Sehvorgang nicht als Übermittlung bildlicher Einheiten, sondern als Punktstrahlung, die – wahrnehmbar als Farbe und Licht – von den Gegenständen ausgeht. S., erläutert Alhazen, kann nicht
eintreten, «ohne daß irgend etwas vom sichtbaren Gegenstand zum Auge kommt»
[67]. Für die Empfangslehre spreche neben dem geometrischen Aufbau des Sehorgans die sowohl auf organische als auch auf anorganische Prozesse anwendbare Analytik des Sehvorgangs selbst. Dementsprechend könne man sagen, «daß die Formen, die zum Auge kommen, nicht zum Gemeinsinn weitergehen, sondern daß sich eine Empfindung [sensus] zum Gemeinsinn ausbreitet, geradeso, wie sich auch Schmerz und Tastempfindungen ausbreiten, und daß das ‘ultimum sentiensʼ dann den wahrnehmbaren Gegenstand wahrnimmt»
[68]. Der angebahnten analytischen Trennung folgend, unterscheidet bereits Alhazen zwischen «aspectus», der bloß oberflächlichen Sensation, und «intuitio», der bewußten Gesichtswahrnehmung
[69].
Mit der kritischen Prüfung und Integration der überlieferten Sehtheorien gewann die «neue islamische Schöpfung»
[70] der empfangstheoretisch begründeten Optik nicht nur Einfluß in der arabischen Welt, sie wirkte vor allem auch auf europäische Leser anregend. Alhazen nahm
Keplers Theorie des Netzhautbildes nicht vorweg, doch er stellte viele «der grundlegenden begrifflichen Materialien» bereit, «aus denen die neue keplersche Theorie gebaut werden konnte»
[71].
7. Die semantische Auffächerung des Begriffs wurde durch diese Intervention nicht beeinträchtigt. Tatsächlich hielt die für die christliche Welt selbstverständliche Präsenz des «lumen fidei» den Bedeutungshintergrunddes Illuminativen stets gegenwärtig. Die mittelalterliche Welt des Sichtbaren erstrahlt in göttlichem Licht, um von dessen unsichtbarem Dasein zu zeugen. Was das «Augenlicht» («lumen oculorum») betrachtend und lesend aufnimmt, dient der Läuterung und der Erlangung des Heils. Dabei ist sowohl in der monastischen als auch in der Laienkultur die Unterscheidung zwischen den visuellen Aktivitäten, zwischen Lesen («lesen») und S. («schouwen»), offenbar weniger trennscharf als zu anderen Zeiten
[72]. Derartige Übergänge dokumentieren das Nebeneinander der weitgehend aristotelisch inspirierten Entwicklungen der physikalisch-physiologischen Optik, wie sie vorrangig die islamische Philosophie vorangetrieben hatte, und den metaphernfreudigen Auffassungen des S., wie sie aus dem Platonismus hervorgegangen waren. Deren Domäne freilich war weniger die Physik als eine Metaphysik, die nunmehr den Befunden der Optik aufgeschlossen gegenübertrat.
An der Epochenschwelle nimmt
Nikolaus von Kues – auch sein Werk eine Inspirationsquelle Keplers
[73] – die überlieferten Problemzuspitzungen auf, um ihnen eine differenziertere Gestalt zu geben. Sinnfällig wird diese Umstellung in der Schrift ‹De visione Dei sive De icona› (1453), deren Titelformulierung die zentrale Problematik bereits anklingen läßt: Das Neben- und Ineinander von Genitivus subjectivus und Genitivus objectivus, die ‘Koinzidenzʼ von «videre» und «videri». Entsprechend dieser Komplexion umfaßt der Cusanische Begriff des S. mehrere Bedeutungsschichten. Er bezeichnet zunächst die Art der Zuwendung des Absoluten zu seiner Schöpfung, sodann die Art der Rückwendung derer, denen es sich solchermaßen zuwendet, schließlich auch – und untrennbar damit verbunden – die Art, wie diese Zuwendung und Rückwendung sprachlich zum Ausdruck gebracht werden kann. Das Cusanische S. antwortet auf ein Darstellungsproblem, das es zugleich artikuliert. Das Sichtbare erscheint in einem uneigentlichen Modus, dessen Abstand zum authentischen Vollzug
stets präsent bleibt. Der über die Exoterik des S. gewonnene Begriff hält diese Verfehlung aber nicht nur bewußt, er ist auch ein Angebot zur Kompensation. S. ist ein Auskunftsmittel des nach den Einsichten der wissenden Unwissenheit übriggebliebenen Weges zum liebenden («affectio») und erkennenden («intellectio») Wissen. Um zur Wahrheit zu gelangen, predigt Cusanus, «ist es notwendig, daß dies durch eine unbegreifliche Einsicht gleichsam auf dem Wege einer Entrückung im Augenblick geschieht; so wie wir mit dem fleischlichen Auge [carneo oculo] den Glanz der Sonne nur für einen Augenblick auf unbegreifliche Weise betrachten können»
[74]. Der Umweg, der mit dem S. gewiesen wird, stellt eine neuerliche und die Mitteilungskraft des gesprochenen Wortes und der Schrift übertreffende Ausdrucksstärke der Glaubensbotschaft in Aussicht
[75].
Neuplatonisch gedacht ist der Einbezug des S. in ein übergreifendes Selbstsehen des Einen, wie ihn in einem vergleichbaren Gedankengang bereits
Meister Eckhart dargestellt hatte («Daz ouge, dâ inne ich got sihe, daz ist daz selbe ouge, dâ inne mich got sihet; mîn ouge und gotes ouge daz ist éin ouge und éin geziht und éin bekennen und éin minnen.»
[76]): Gott sehen heißt, von ihm gesehen zu werden, denn Gott (
θεός) ist, einer ursprünglich stoischen und von der Mystica theologia nun aufgenommenen Etymologie zufolge, ein
sehender Gott (
θεωρῶν, «deus videns»)
[77]. Die «visio absoluta» ist Anfang des endlichen und beschränkten S. («visio contractus»), sie ist «principium ex quo omnia» und «causa omnium visibilium»: «Das von aller Verschränkung losgelöste S. ... umfaßt zugleich und auf einmal alle und jede einzelne Weise des S.; gleichsam als das angemessene Maß und das wahrste Urbild alles S. ... Es umfaßt in sich alle Maßweisen des S. [omnis videndi modos], und zwar so, daß es alle wie jede einzelne in sich begreift»
[78]. Zur Illustration dieser Geborgenheitsgewißheit verweist
Cusanus zum einen auf den Reichtum der Verba videndi im Bereich des Wissens, Verstehens und Begreifens, zum anderen entfaltet er – im Einklang mit der zeitgenössischen «ars perspectiva»
[79] – die Grundzüge des philosophischen Perspektivismus. Der der «visio contractus» angewiesene Gesichtspunkt gibt den «Blickwinkel» («angelus oculi») vor, von dem aus das Wissen der Wahrheit sich aus endlich beschränkter Sicht mehren läßt.
Um das Gemeinte zu veranschaulichen, verweist Cusanus auf das Beispiel des in der zeitgenössischen Malerei geschätzten Motivs des «Blicks aus dem Bild»
[80]. So wie dort der Blick einer Bildfigur den Eindruck vermittle, den Bewegungen des Bildbetrachters folgen zu können, so dürfe sich der Erkennende vom Allsehenden auf seinen Wegen angeblickt wissen. Das sinnliche Gleichnis der «praefatio» führt mathematische (geometrische), ästhetische und metaphysische Aspekte zusammen, um der überlieferten Differenz der Sehweisen, also dem Intellektualismus der Anschauung und dem Sensualismus der Wahrnehmung
[81], eine versöhnliche Gestalt zu geben. Von den frühen Lesern des Cusaners, so von
M. Ficino und
G. Bruno, ist vor allem dieses Deutungsangebot aufgenommen und weitergetragen worden
[82]. Die aufmerksame Betrachtung des sinnlich Gegebenen erleichtert, wie
Cusanus mit Paulus sagt, das Bemerken seines «Rätsels»
[83]. Der vordem von neuplatonistischer Seite zugespitzte Gegensatz von «innerem» und «äußerem» S. weicht damit der ungleich subtileren Komplementarität von Erfahrungsverwiesenheit und Gottesschau, von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit.
Mit dem Vollzug dieser Wendung konnte Cusanus zum Anreger der Renaissancemaler werden. Der Akt des S., wie ihn der von ihm geschilderte Bildbetrachter beispielhaft vollzieht, ist zugleich Gesehenwerden, ist Erblicken und Erkenntnis seiner selbst
[84] als des anderen des Nicht-Anderen im lebendigen Spiegel der Ewigkeit («speculum aeternitatis vivum»)
[85]. Der spiegelmetaphorisch unterlegte Begriff des S.
[86] assoziiert ein Wahrheitsverständnis, dessen Bildmodell jener Ignoranz Tribut zollt, die der Belehrte als unvordenkliche Voraussetzung seines Wissens vom Absoluten und des absoluten Wissens zugestehen muß. Das durch seine Aussagefähigkeit aufgewertete sinnliche S. weist über sich hinaus auf ein S. mit geistigen und vernünftigen Augen («mentalibus et intellectualibus oculis»), das in der Lage ist, das nunmehr erneut anerkannte und zugleich in den Horizont des Unsichtbaren als des unveräußerlichen Hintergrundes seiner Produktivität
[87] gestellte Sichtbare als Zeichen für die unsichtbare Wahrheit des göttlichen Antlitzes zu
verstehen[88].
Wie vielgestaltig die Semantik des S. sich durch solche Brückenschläge zwischen «Sichtigem» und «Unsichtigem» (
Paracelsus)
[89] ausprägen ließ, zeigt die weitere Geschichte des Umbruchs an der Epochenschwelle der frühen Neuzeit.
Leonardo da
Vinci stellt die theoretischen, aus wissenschaftsgeschichtlicher Sicht freilich mehr durch ihre Ambitionen als durch die Ausarbeitung überzeugenden
[90] Grundlagen einer Malerei als göttlicher Wissenschaft der Oberflächen und des Sichtbaren bereit. Das künstlerische S. übertrifft demnach die Natur, deren Dinge vergänglich seien, da doch die Werke, «die das Auge den Händen befiehlt, unendlich sind»
[91]. Wie Cusanus hält auch Leonardo den Rangstreit der Sinne und der Künste jederzeit gegenwärtig. Es ist ihm jedoch darum zu tun, die Konkurrenzsituation direkt durch die Intervention des verfeinerten Seheindrucks, durch das «sapere vedere» zu überwinden
[92]. In Übereinstimmung mit einer zeitgenössischen, von
N. Poussin dann wegweisend als «Anblick» («aspect») und als «Hinblick» («prospect») bestätigten Unterscheidung
[93] zwischen natürlichem («voir simplement») und gezieltem S. («considérer avec attention») betont Leonardo die Überlegenheit der Sichtbarmachung gegenüber den Ausdrucksmitteln der Sprache und rechtfertigt sie mit dem Erfahrungserweis des «speculare». Das S. selbst ist nun sowohl ein physiologischer Akt, also körper- und naturverbunden, als auch ein Akt des Verstehens, also geist- und vernunftvermittelt. Die daraus erwachsene und durch konkurrierende Wahrnehmungs- und Ausdrucksformen gar nicht zu überbietende Überzeugungsstärke der Sehkraft, deren Eindrücklichkeit «den Streitenden den Mund schließt», hebt sie sogar in den Rang einer Irenik
[94].
Leonardo bestimmt das S. in einer Epoche des Übergangs. Er rechtfertigt die Schaulust und die später von
F. Nietzsche so genannte apollinische «Wonne des Schauens»
[95] als Kompensationsangebot an ein Wesen, das sich, wie der Leonardo geläufige Neuplatonismus sagt, mit dem «Kerker» seines Daseins abzufinden hat. Das universalisierte S. eröffnet ihm die Möglichkeit, sich – unmittelbar – der selbstgeschaffenen Schönheiten und – mittelbar – der menschlichen Ursprünglichkeit zu vergewissern. Es entspricht dieser Emphatisierung, wenn
Leonardos lapidare Reflexionen ihre Fortführung und Anwendung in der Praxis seiner Malerei als der weder durch Wortkunst noch durch die Ausgestaltung des Begriffsgebäudes substituierbaren «Wissenschaft
des Sichtbaren» finden. Im Unterschied zu jener für die weitere Bedeutungsgeschichte bestimmenden
Substitution von Visualität durch Intelligibilität, die von den Platonikern vorbereitet worden war und später mit der von Descartes bereitgestellten Paradigmatik vollendet werden wird
[96], faßt Leonardos Konzept die «wissenschaftliche» (abstrakte) und die «ästhetische» (visuelle) Einstellung noch als Einheit.
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Blumenberg, a.O. [48 zu I.] 731ff. |
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Vgl. B. Snell: Die Ausdrücke für den Begriff des Wissens in der vorplatonischen Philos. (1924) 21f. pass.; R. Pfister: Zum Aspekt der Verba des S. bei Plautus (1936); H. J. Mette: ‘Schauenʼ und ‘Staunenʼ. Glotta 39 (1961) 49–71; W. Luther: Wahrheit, Licht, S. und Erkennen im Sonnengleichnis von Platons Pol. Ein Ausschnitt aus der Lichtmet. der Griechen. Stud. Gen. 18 (1965) 479–496; Snell, a.O. [27 zu I.] 21ff.; D. Bremer: Hinweise zum griech. Ursprung und zur europ. Gesch. der Lichtmet. Arch. Begriffsgesch. 17 (1973) 7–35, bes. 24ff.; H. Schmitz: Die Wahrnehmung (1978) 188ff.; S. Matuschek: Über das Staunen. Eine ideengeschichtl. Analyse (1991) 8ff.; E. Grassi: La metafora inaudita, hg. M. Marassi (Palermo 1990); dtsch.: Die unerhörte Metapher, hg. E. Hidalgo-Serna (1992) 21ff. 78ff. |
|
Vgl. Cicero: Tusc. disp. V, 39, 114f.; zur weiteren Rezeption vgl. E. Wind: Pagan mysteries in the Renaissance (London 21958) 52ff., bes. 56ff.; dtsch. (1981) 68ff. |
|
Vgl. P. Crome: Symbol und Unzulänglichkeit der Sprache. Jamblichos, Plotin, Porphyrios, Proklos (1970) 35ff. |
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Vgl. E. Grassi: Die Unfehlbarkeit: Ein philos. Problem. Sprache und Schau, in: Kerygma und Mythos VI/6 (1975) 51–69. |
|
Vgl. G. Simon: Le regard, l'être et l'apparence dans l'optique de l'antiquité (Paris 1988) 16. 83ff. 191f. 196f. u.ö.; dtsch. (1992) 23. 93ff. 208f. u.ö.; anders: D. C. Lindberg: Theories of vision from Al-Kindi to Kepler (Chicago 1976) Xf.; dtsch. (1987) 11f. |
|
Vgl. M. Ficino: Comp. Plat. theol. [1474]. Op. omn. (Basel 1576, ND Turin 1962) 1, 694; vgl. Trakt. zur Plat. Philos., hg. E. Blum u.a. (1993) 130f. |
|
Vgl. L. B. Alberti: Della pictura lib. tre [1435]. Kl. kunsttheoret. Schr., hg. H. Janitschek (1877, ND 1970) 57ff. |
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Vgl. Art. ‹Raum, Raumwahrnehmung, psychologischer Raum›. Hist. Wb. Philos. 8 (1992) 111–121. |
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Empedokles: Frg. 31, B 84. VS 1, 341; vgl. Aristoteles: De sensu 437 b 24ff. |
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Vgl. H. Diels (Hg.): Doxogr. graeci (1874) 404 (Aetius: Plac. IV, 13, 9); W. Jablonski: Die Theorie des S. im griech. Altertume bis auf Aristoteles. Sudhoffs Arch. Gesch. Med. Nat.wiss. 23 (1930) 306–334, bes. 308f.; vgl. ‹Haptisch/optisch›. Hist. Wb. Philos. 3 (1974) 999. |
|
Galen: De plac. Hippocr. et Plat. VII, 5, 1. 5–7. Op. omn., hg. C. G. Kühn (1821–33, ND 1964f.) 5, 457; vgl. Simon, a.O. [6] 34f./45; zur Sonnenhaftigkeit des Auges vgl. W. Beierwaltes: Lux intelligibilis. Unters. zur Lichtmet. der Griechen (1957) 37ff. |
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Simon, a.O. [6] 35f. 200/46. 232. |
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Epikur: Br. an Herod., in: Diogenes Laert.: Vitae X, 48. |
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Vgl. Demokrit: Frg. 68, A 135. VS 2, 114ff. (Theophrast: De sensibus 50. 54). |
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Vgl. K. von Fritz: Grundprobl. der Gesch. der ant. Wiss. (1971) 612; vgl. 614. |
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Aristoteles: De sensu 438 a 5–12; vgl. Lindberg, a.O. [6] 3/21. |
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Vgl. Parmenides: VS 28, B 8; weitere Nachweise bei D. de Chapeaurouge: ‘Das Auge ist ein Herr, das Ohr ein Knecht.ʼ Der Weg von der mittelalterl. zur abstrakten Malerei (1983) 1–14; vgl. Art. ‹Sphäre›. |
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Vgl. Phaedr. 250 d; Tim. 45 a ff. |
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Phaedr. 251 b; vgl. Charm. 155 c f. |
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So die These Luthers, a.O. [2] 489. |
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Blumenberg, a.O. [81 zu I.] 190. |
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Vgl. Luther, a.O. [2] 481f. |
|
Vgl. G. Rudberg: Hellenisches Schauen. Classica mediaev. 5 (1942) 159–186; zum semant. Spektrum der plat. θεωρία vgl. H. Rausch: Theoria. Von ihrer sakralen zur philos. Bedeut. (1982) 48ff. |
|
Platon: Resp. 597 a ff.; Soph. 235 c ff.; vgl. B. Schweitzer: Plato und die bildende Kunst der Griechen (1953); G. Boehm: Stud. zur Perspektivität. Philos. und Kunst in der frühen Neuzeit (1969) bes. 42ff. |
|
Aristoteles: Met. I, 1, 980 a 26. |
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Vgl. Meteor. III, 4, 373 a 35–b 13; weitere Belege bei Simon, a.O. [6] 47–49/60f. |
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Aristoteles: De an. 419 a 12ff. |
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Vgl. W.
Bröcker: Aristoteles ( 31964) 148. |
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Vgl. Lindberg, a.O. [6] 9ff./32ff. |
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Plotin: Enn. V, 1 (10), 7, 4ff. |
|
H. Blumenberg: Die Lesbarkeit der Welt ( 21983) 42; vgl. a.O. [73 zu I.] bes. 442. |
|
Plotin: Enn. I, 6 (1), 4, 12f. |
|
Enn. V, 3 (49), 8, 19–22. |
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Goethe, a.O. [21 zu I.] 324; Zahme Xenien III (1822/23), a.O. 1, 208ff.; zu den Varianten: Die Schr. zur Nat.wiss., hg. R. Matthaei u.a. (1947ff.) II/3, 389f. |
|
Vorstud. zur Farbenlehre. Das Auge. Die Schr. zur Nat.wiss., a.O. I/3, 437. |
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Vgl. Lindberg, a.O. [6] 96. 98. 104. 117f. u.ö./173. 176. 181. 213 u.ö. |
|
Augustinus: De Gen. ad litt. CSEL 28, 23. |
|
Vgl. K. Flasch: Augustin. Einf. in sein Denken (1980) 127ff. |
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Augustinus: Conf. X, 35, 54; vgl. L. Wittmann: Ascensus. Der Aufstieg zur Transzendenz in der Met. Augustins (1980) 331ff. |
|
Joh. Scotus Eriug.: Periphys. III, 186, 34f.; vgl. J. Kreuzer: Natur als Selbstwerdung Gottes. Misc. Mediaev. 21/1 (1991) 3–19. |
|
Vgl. P. Brown: Augustine of Hippo (Berkeley 1967); dtsch.: Augustinus von Hippo (1973) 267. |
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Augustinus: De quant. an. 33, 75; vgl. De vera relig. 33, 62. |
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Vgl. Aristoteles: De an. II, 7, 418 a. |
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Vgl. Simon, a.O. [6] 57ff. 73ff./67ff. 86ff. |
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Al-KindI: De radiis stellarum [De radiis stellatis], zit. bei: G. Federici Vescovini: Studi sulla prospettiva mediev. (Turin 1965) 44. |
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Vgl. De aspectibus, Prop. 7, in: Alkindi, Tideus und Ps.-Euklid. Drei opt. Werke, hg. A. A. Björnbo/S. Vogl (1912) 11f. |
|
Vgl. M. Meyerhof/C. Prüfer: Die Lehre vom S. bei Hunain b. Ishâq. Arch. Gesch. Medizin 6 (1913) 29. |
|
Vgl. H. Schipperges: Welt des Auges. Zur Theorie des S. und Kunst des Schauens (1978) 43ff.; Lindberg, a.O. [6] 33f./69f. |
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Avicenna Latinus: Lib. de an. seu sextus de naturalibus, hg. S. van Riet (Leiden 1972) 213f.; zit. nach der Übers. bei Lindberg, a.O. [6] 49/99. |
|
Vgl. Aristoteles: De an. 418 a 3–6. |
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Alhazen: De aspectibus [Perspectiva] I, 5, hg. F. Risner (1572, ND New York 1972) 23; vgl. Lindberg, a.O. [6] 71ff./124ff. |
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27; vgl. Lindberg, a.O. 81/156. |
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Lindberg, a.O. [6] 85/158. |
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Vgl. M. Curschmann: Hören – Lesen – S. Buch und Schriftlichkeit im Selbstverständnis der volkssprachl. lit. Kultur Dtschl. um 1200. Beitr. Gesch. dtsch. Sprache Lit. 106 (1984) 218–257, bes. 234. 243f. 253; I. Illich: Im Weinberg des Textes. Als das Schriftbild der Moderne entstand (1991) 24ff. u.ö. |
|
Vgl. A. Koyré: Et. d'hist. de la pensée scient. (Paris 1973) 336. |
|
Nic. Cusanus: Apol. doctae ignor. I. Philos.-theol. Schr., hg. L. Gabriel ( 21989) 1, 542. |
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Meister Eckhart: Pr. 12: Qui audit me. Dtsch. Werke, hg. J. Quint (1956ff.) 1, 201; vgl. G. Schleusener-Eichholz: Das Auge im MA (1985) I, 116–128. |
|
Nic. Cusanus: De visione Dei I, a.O. [74] 3, 98; vgl. W. Beierwaltes: Identität und Differenz (1980) 145f.; G. Wohlfart: Mutmaßungen über das S. Gottes. Zu Cusanus' ‘De vis. Deiʼ. Philos. Jb. 93 (1986) 151–167, bes. 151f. |
|
De vis. Dei II. VIIf., a.O. 3, 100. 116. 126. |
|
Vgl. M. De Certeau: Nik. von Kues: Das Geheimnis eines Blickes, in: V. Bohn (Hg.): Bildlichkeit (1990) 325–356. |
|
Vgl. N. Herold: Bild der Wahrheit – Wahrheit des Bildes. Zur Deutung des ‘Blicks aus dem Bildʼ in der Cusan. Schr. ‹De vis. Dei›, in: V. Gerhardt/N. Herold (Hg.): Wahrheit und Begründung (1985) 71–98. |
|
Vgl. Art. ‹Anschauung, intellektuelle›. Hist. Wb. Philos. 1 (1971) 349–351. |
|
Vgl. G. Bruno: Furori eroici I, 4 (1585); Von den heroischen Leidenschaften, hg. Ch. Bacmeister (1989) 72f.; vgl. S. Otto: Geometrie und Optik in der Philos. des M. Ficino. Philos. Jb. 98 (1991) 290–313. |
|
Nic. Cusanus: De non-aliud II. V, a.O. [74] 2, 450f. 460f. u.ö.; vgl. 1. Kor. 13, 12. |
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Vgl. De coniect. XVII: De sui cognit., a.O. 2, 194ff. |
|
De vis. Dei XV, a.O. 3, 160. |
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|
Vgl. Boehm, a.O. [1 zu I.] 59f. |
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Nic. Cusanus: De vis. Dei VI, a.O. [74] 3, 113. |
|
Paracelsus: Das Buch Paragranum [1530] (1565), hg. F. Strunz (1903) 71; vgl. E. Cassirer: Das Erk.problem in der Philos. und Wiss. der neueren Zeit 1 (1906, 41957, ND 1974) 218ff. |
|
Vgl. Lindberg, a.O. [6] 154ff./274ff. |
|
Leonardo da Vinci: Traité de la peinture (Pavia 1670, Paris 1716), hg. A. Chastel (Paris 1987); dtsch. (1990) 139 (Nr. 20). |
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Vgl. E. Cassirer: Individuum und Kosmos in der Philos. der Renaiss. (1927, ND 1962) 167; vgl. auch: Zur Met. der symbol. Formen. Nachgel. Ms. und Texte, hg. J. M. Krois/O. Schwemmer 1 (1995) 78. |
|
N. Poussin: Br. an M. De Noyers (April 1642). Corresp., hg. Ch. Jouanny (Paris 1911) 143; vgl. C. Goldstein: The meaning of Poussin's letter to De Noyers. The Burlington Mag. 108 (1966) 233–239. |
|
Vgl. Leonardo, a.O. [91] dtsch. 134 (Nr. 14); vgl. 284 (Nr. 203). |
|
F. Nietzsche: Nachgel. Frg., Frühj. 1871 12[1]. Krit. Ges.ausg., hg. G. Colli/ M. Montinari (1967ff.) 3/3, 381. |
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Vgl. H. Blumenberg: Die kopernikan. Wende (1965) 86; A. Koyré, a.O. [48 zu I.] dtsch. 26f. |
E. Wilde: Gesch. der Optik 1–2 (1838ff., ND 1968). – J. Trouessart: Rech. sur quelques phénomènes de la vision, préc. d'un essai hist. et crit. des théories de la vision, depuis l'origine de la sci. jusqu'à nos jours (Brest 1854). – J. Hirschberg: Gesch. der Augenheilkunde 1–7 (1899ff., ND 1977). – C. Baeumker: Witelo (1908) bes. 625ff. – S. Vogl: Roger Bacons Lehre von der sinnl. Spezies und vom Sehvorgange, in: A. G. Little (Hg.): Roger Bacons Essays (Oxford 1914) 205–227. – A. Schneider: Die myst.-ekstat. Gottesschau im griech. und christl. Altertum. Philos. Jb. 31 (1918) 24–42. – A. Schneider: Der Gedanke der Erkenntnis des Gleichen durch Gleiches in antiker und patrist. Zeit, in: Abh. zur Gesch. der Philos. des MA. Festgabe C. Baeumker (1923) 65–76. – H. Cherniss: Galen and Posidonius' theory of vision. Amer. J. Philol. 54 (1933) 154–161. – A. Lejeune: Euclide et Ptolémée. Deux stades de l'optique géométr. grecque. (Löwen 1948). – V. Ronchi: Storia della luce (Bologna
21952). – A. Lejeune: Rech. sur la catoptrique grecque (Brüssel 1957). – M. Schramm: Zur Entwickl. der physiolog. Optik in der arab. Lit. Sudhoffs Arch. Gesch. Med. Nat.wiss. 43 (1959) 289–316. – F. Alessio: Per uno studio sull'ottica del trecento. Studi mediev. 3/2 (1961) 444–504. – Ch. Mugler: Dict. hist. de la terminol. opt. des grecs. Douze siècles de dialogues avec la lumière (Paris 1964). – A. C. Crombie: Early concepts of the senses and the mind. Scient. American 210 (1964) 108–116. – A. Bednarski: Die anatom. Augenbilder in den Handschr. des Roger Bacon, Joh. Peckham und Witelo. Sudhoffs Arch. Gesch. Med. Nat.wiss. 24 (1965) 60–78. – W. Jablonski s. Anm. [12]. – W. Luther s. Anm. [2]. – B. S. Eastwood: Mediaeval empiricism: The case of Grosseteste's optics. Speculum 43 (1968) 306–321. – H. K. Kohlenberger: Zur Met. des Visuellen bei Anselm von Cant. Analecta Anselm. 1 (1969) 11–37. – F. Thordarson:
ὉΡΩ – ΒΛΕΠΩ – ΘΕΩΡΩ. Some semantic remarks. Symb. Osloenses 46 (1971) 108–130. – D. C. Lindberg s. Anm. [6] (mit umfangreicher Bibliogr.). – M. Putscher: S. – Bild – Erinnerung, in: Putscher (Hg.): Die fünf Sinne. Beitr. zu einer medizin. Psychol. (1978) 63–73, bes. 63ff. – A. Dihle: Vom sonnenhaften Auge. Jb. Antike Christentum, Suppl. 10 (1983) 85–91. – M. Schmidt: Das Auge als Symbol der Erleuchtung bei Ephräm und Parallelen in der Mystik des MA. Oriens Christianus 68 (1984) 27–57. – G. Schleusener-Eichholz s. Anm. [76]. – W. Beierwaltes: Visio facialis. S. im Angesicht. Sber. Bayer. Akad. Wiss., Phil.-hist. Kl. (1988) 1–56. – G. Simon s. Anm. [6]. – K. H. Tachau: Vision and certitude in the age of Ockham. Optics, epistemology, and the found. of semantics 1250–1345 (Leiden/New York 1988). – M. Giesecke: Sinnenwandel, Sprachwandel, Kulturwandel. Stud. zur Vorgesch. der Informationsges. (1992) 209ff. 280ff.